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Annabelle - die wahre Geschichte Zeichung von Jeremie Michels. Das Bild zeigte eine Zeichnung von Annabelle aus dem "The Warren's Occult Museum". Sie ist eine Stoffpuppe, die den Kinderbuchcharakter Raggedy Ann darstellt. Sie hat einen großen Kopf mit roten Haaren aus dicken Stoffsträhnen, große Augen, eine große dreieckige Nase und einen breiten Mund mit kleinen roten Lippen, mit dem sie den Betrachter anlächelt. Als Kleidung trägt sie ein weißes Kleid mit kurzen Ärmeln und Blumenmuster, eine rot-weiße Strumpfhose und schwarze Schuhe.
Annabelle (2021)

Annabelle – die wahre Geschichte:

Die Horrorpuppe Annabelle ist eine der bekanntesten besessenen Puppen aus dem Kino. Aber wusstet ihr, dass die Filme auf einer echten Puppe basieren? Passend zu Halloween gibt es daher von mir die wahre Geschichte von Annabelle. Viel Spaß beim Gruseln!

Triggerwarnungen (Achtung Spoiler!)

– Tod eines Kindes

Die Geschichte:

Wer kennt sie nicht? Annabelle. Die Horrorpuppe, die viele Kinobesucher das Fürchten gelehrt hat. Doch was ist, wenn ich euch sage, dass an Annabelle mehr dran ist, als bloß ein paar Kinofilme? Wenn ich euch erzähle, dass ich damals bei den Ereignissen dabei gewesen war, die später die Filme inspiriert haben?

Mein Name ist Lou. Annabelle gehörte früher einer guten Freundin von mir – der ehemaligen Mitbewohnerin meiner Frau. Lasst mich euch also die wahre Geschichte von Annabelle erzählen:

Zum ersten Mal sah ich die Puppe im Jahr 1970 am 28. Geburtstag von besagter Freundin, Donna. Sie, meine Frau Angie – damals noch meine Verlobte – und ich saßen am Abend zusammen und tranken auf unsere Gesundheit, während Donna die paar Geschenke auspackte, die sie bekommen hatte. Darunter war eine große Stoffpuppe – ein Geschenk von Donnas Mom.

„Das ist Raggedy Ann“, erklärte Donna begeistert. „Sie stammt aus einem Kinderbuch, in dem die Puppe lebendig wird, wenn keine Menschen da sind.“

Donna erzählte uns von Raggedy Ann und wie ihre Mutter ihr früher immer aus den Büchern vorgelesen hatte. An das meiste kann ich mich nicht mehr erinnern. Ich weiß nur noch, wie begeistert Angie von dem Buchcharakter und der Puppe war.

Ich hingegen schenkte der Puppe wenig Beachtung. Nachdem Donna sie in ihr Zimmer gebracht und auf ihr Bett gesetzt hatte, hatte ich sie ehrlich gesagt bald wieder vergessen. Zumindest, bis Donna eines Nachmittags – wir drei waren gerade erst nach Hause gekommen – aufgeregt ins Wohnzimmer gerannt kam.

„Leute. Das glaubt ihr mir nie: Ann hat sich bewegt!“, sage sie und verhaspelte sich vor Aufregung fast.

„Wer?“, fragte ich verwirrt.

Angie verstand schneller: „Die Puppe? Was meinst du mit: Sie hat sich bewegt? Von selbst?“

„Ja, natürlich von selbst. Wie Raggedy Ann aus dem Buch. Sonst würde ich es euch doch nicht erzählen!“

Donna erzählte uns, dass sie es schon länger beobachtet hatte. Zuerst hatte sie Angie verdächtigt, die Puppe bewegt zu haben. Aber selbst bei abgeschlossener Zimmertür habe Ann die Position geändert. Donna habe sie am Morgen auf das Kopfkissen gelegt und nun säße sie mit dem Rücken an der Wand.

Natürlich waren Angie und ich zuerst skeptisch. Doch während ich weiter daran festhielt, dass Donna eine lebhafte Fantasie habe, begann Angie, ihr zu glauben. Es dauerte nur einige Tage, bis Ann ein fester Teil unserer kleinen Clique geworden war. Wir nahmen sie mit auf Radtouren, setzten sie abends zu uns aufs Sofa und hatten ihr sogar einen Kinderstuhl besorgt, damit sie am Esstisch dabei sein konnte.

Damals schüttelte ich bloß den Kopf. Trotzdem fand ich die Fürsorge niedlich, die sie der Puppe schenkten – zumindest, solange ich noch glaubte, dass sie es sich einbildeten oder mich auf den Arm nehmen wollten.

Es war ein Wochenende. Ich hatte entschieden, dass ich diese Nacht bei Angie übernachten würde, also saßen wir am Abend gemeinsam am Esstisch: Angie, Donna, Ann und ich.

Normalerweise schenkte ich Ann wenig Beachtung, doch bei jenem Abendessen war es anders. Mir fiel auf, wie lieblos Donna sie auf den Kinderstuhl gesetzt hatte. Ihre Arme hingen schlaff nach unten und ihr überdimensionaler Kopf war zur Seite gekippt. Ich sagte nichts, erinnerte mich aber daran, wie ich während des Essens immer wieder zu der Puppe hinübersah und überlegte, ob ich sie vernünftig hinsetzen solle.

Als ich das vierte oder fünfte Mal zu ihr sah, erschrak ich: Ann saß komplett aufrecht. Ihr Kopf war gerade und ihre Arme lagen auf dem Tischchen, das zum Kinderstuhl gehörte. Weder Donna noch Angie hätten sie bewegen können, ohne aufzustehen, aber sie hatten die ganze Zeit auf ihren Stühlen gesessen.

Mein Hirn arbeitete wie verrückt. Wie war das möglich? Puppen bewegten sich nicht von allein. Konnte es sein …? Hatten Angie und Donna also nicht bloß rumgealbert?

Mit einem schabenden Geräusch schob ich meinen Stuhl zurück. Donna sah mich irritiert an, während ich die paar Schritte zu Ann hinüberging.

„Was machst du?“, fragte Angie belustigt, als ich die Puppe in die Hände nahm.

Vielleicht war sie ja keine normale Puppe. Bei der ganzen neuen Technik, die in den letzten Jahren herausgekommen war, konnte man nie wissen. Vielleicht steckte eine Art Roboter in dem Stoff.

Ann fühlte sich weich und kuschlig an, während ich auf ihr herumdrückte. Ich hatte kein Problem damit, ihr Innenleben zu erfühlen oder ihre Gliedmaßen zu dehnen, doch alles, was ich zwischen den Fingern hatte, war Stoff und Watte. Keine Kabel, keine Metallstäbe, keine Elektroteile.

„He! Geh nicht so grob mit ihr um!“, fuhr Donna mich an. Sie sprang auf und riss mir Ann aus den Händen, um sie behutsam wieder auf ihren Stuhl zu setzen.

„Sie … sie hat sich bewegt“, stammelte ich halb entschuldigend, halb erklärend.

„Echt?“, fragte Angie begeistert. „Das hat sie noch nie gemacht, wenn jemand im selben Raum war!“

Ich starrte sie ungläubig an. Noch nie in meinem Leben hatte ich ihre Begeisterung so wenig verstanden, wie in diesem Moment.

Wir drei blieben die halbe Nacht wach und redeten über Ann. Jetzt, wo ich den beiden Frauen endlich zuhörte, erzählten sie mir alles.

Am Anfang hatte sich Ann kaum bewegt. Sie hatte mal die Arme verschränkt oder sich anders hingesetzt, war aber auf Donnas Bett geblieben. Es dauerte jedoch nicht lange, bis sie sich weiter weg traute. Sie saß auf dem Boden, auf dem Stuhl, lag auf dem Schreibtisch und befand sich schließlich nicht einmal mehr im gleichen Zimmer, wenn Donna und Angie von der Schwesternschule nach Hause kamen.

So sehr sich die beiden für Anns übernatürliche Fähigkeiten begeisterten, so sehr ängstigten sie mich. Sie war ein unbelebtes Objekt aus Stoff. Den Gesetzen der Wissenschaft folgend, hätte sie sich nicht bewegen dürfen!

Für Donna und Angie änderte sich natürlich nichts. Sie liebten die Puppe und wollten sie am liebsten überall dabei haben. Für mich begann jedoch eine Zeit, in der ich wieder und wieder versuchte, die Mädchen davon zu überzeugen, dass sie der Puppe nicht trauen konnten.

Bei jeder sich bietenden Gelegenheit bat ich sie darum, die Puppe zuhause zu lassen, oder sie nicht neben uns aufs Sofa zu setzen. Da es bei diesen Gesprächen aber immer zwei gegen eins stand, hatte ich nie gute Karten.

Was mich umso mehr beunruhigte, war, dass Ann stärker zu werden schien. Je länger sie bei uns war, desto häufiger und weiter bewegte sie sich. War es nicht auch das, was Donna und Angie gesagt hatten? Dass die Puppe sich anfangs nur auf dem Bett bewegt hatte und inzwischen sogar in anderen Räumen saß? Es passierte jedenfalls mehr als einmal, dass Ann nicht mehr auf dem Sofa, sondern wieder auf Donnas Bett saß, wenn wir nach Hause kamen.

Angie und Donna sahen das ganz locker. Sie machten sich einen Spaß daraus, die Puppe zu suchen, wann immer sie nach Hause kamen. Eines Tages machten sie dabei eine merkwürdige Entdeckung.

„Lou?“, rief Angie aus Donnas Zimmer.

„Was ist? Habt ihr Ann gefunden?“, rief ich gespielt interessiert. In Wahrheit hatte ich bloß keine Lust auf Stress. „Wo hat sie sich diesmal versteckt?“

Bevor ich jedoch aufstehen konnte, um zu ihnen zu gehen, kamen die beiden ins Wohnzimmer. Donna hielt einen kleinen Zettel in den Händen, von dem sie ihren Blick kaum lösen konnte.

„Was habt ihr da?“, fragte ich. Diesmal musste ich mein Interesse nicht vortäuschen.

Wortlos reichte Donna mir den Zettel. Er bestand aus alt aussehendem Pergamentpapier, auf dem krakelige Buchstaben standen, die aussahen, als hätte sie ein Kind geschrieben.

„Hilf uns“, las ich vor. Mehr stand nicht darauf. Stirnrunzelnd sah ich zu Donna. „Ist das von …?“

Sie nickte bloß. Ich brauchte den Satz nicht zu beenden. Wir alle wussten sofort, dass Ann den Zettel geschrieben haben musste.

„Was meint sie wohl damit? Wobei braucht sie Hilfe?“, fragte Angie in den Raum.

„Und wer ist ‚uns‘?“, ergänzte ich.

Aber so sehr wir auch überlegten, so viele Theorien wir auch aufstellten, wir kamen zu keiner zufriedenstellenden Antwort. Was blieb uns also anderes übrig, als auf einen weiteren Zettel zu warten? Und der Zettel sollte kommen.

Keine drei Tage später saßen Donna, Angie und ich am Küchentisch. Nachdem Angie angerufen hatte, war ich sofort vorbei gekommen. Ich starrte den Zettel an. ‚Helft Lou‘ stand in derselben krakeligen Kinderschrift darauf.

„Was soll das?“, murmelte ich leise.

Angie räusperte sich verlegen. „Vielleicht meint Ann, dass wir euch beiden helfen sollen, Freunde zu werden? Ich weiß, du magst sie nicht, aber gib ihr doch eine Chance. Tu es für mich.“

Ich starrte sie halb ungläubig halb wütend an. Hörte sie sich selbst überhaupt zu? „Ann ist eine Puppe, verdammt!“, sagte ich etwas zu laut. „Mit Puppen kann man nicht befreundet sein! Sie sollten sich auch nicht bewegen! Ich hab keine Ahnung, was mit dem verdammten Ding nicht stimmt, aber ich will nichts mit ihr zu tun haben!“

Auch wenn ich es damals niemals zugegeben hätte, hatte ich panische Angst vor ihr. Sie hatte etwas Dunkles an sich, dass Donna und Angie entweder nicht sehen konnten oder nicht sehen wollten.

Zu wissen, dass dieses Wesen meinen Namen auf einen Zettel geschrieben hatte, hatte etwas unglaublich Bedrohliches an sich. Es war nicht bloß eine Puppe, die sich bewegte. Nein. Sie wusste, wer wir sind, kannte unsere Namen und verstand wahrscheinlich alles, was wir sagten. Je weiter ich von Ann weg war, desto besser. Also stand ich auf und ging.

Meine Beziehung zu der wundervollsten Frau der Welt wäre damals fast an einer Puppe zerbrochen. Zwar einigten Angie und Donna sich nach einem langen Gespräch darauf, dass Ann nicht mehr bei uns sitzen würde, wenn ich zu Besuch war, aber trotzdem mied ich ihre Wohnung, so gut es ging.

Das war auch der Grund, warum ich nichts von dem Blut mitbekam. Donna entdeckte eines Nachmittags einige Tropfen einer roten Flüssigkeit auf Anns Brust und ihrem Handrücken. Weil sie nicht wollten, dass ich mir noch mehr Sorgen machte, verheimlichten sie es vor mir. Ich erfuhr nur von dem Medium, das Donna daraufhin einschaltete.

Mich wollten sie bei der Séance nicht dabei haben, damit ich Ann nicht verärgerte. Daher erzählten sie mir bloß, was sie gemeinsam mit dem Medium herausgefunden hatten: Die Puppe war von dem Geist eines kleinen Mädchens namens Annabelle Higgins besessen – zumindest behauptete das das Wesen, das sie erreichten.

Annabelle erklärte, dass sie seit ihrem Tod furchtbar einsam sei, und bat Donna darum, weiterhin in ihrer Puppe wohnen zu dürfen. Donna stimmte sofort zu.

Wie ihr euch vielleicht denken könnt, war ich alles andere als begeistert. Sie behandelten Annabelle, wie sie die Puppe jetzt nannten, noch mehr wie einen Menschen als ohnehin schon und weigerten sich sogar, sie in Donnas Zimmer zu setzen, wenn ich zu Besuch kam. Könnt ihr euch das Vorstellen? Ich, ein langjähriger Freund und der Verlobte Angies, wurde mit einer blöden Stoffpuppe gleichgestellt. Und weil ich Angie nicht verlieren wollte, musste ich zustimmen.

Während meiner Zeit in ihrer Wohnung versuchte ich, Annabelle so gut es ging zu ignorieren. Ein nicht sonderlich einfaches Unterfangen, weil Donna sie überall mit hinschleppte und sie wie ein echtes Kind behandelte. Aus diesem Grund schlug ich möglichst oft vor, in Diskotheken oder Kneipen zu gehen. Orte, an die Annabelle als Kind nicht mitdurfte. Mit der Begründung, Annabelle müsse schon längst im Bett sein, kam ich damit sogar ausgesprochen häufig durch.

Nachts versuchte ich hingegen, nicht mehr bei Angie zu schlafen. Entweder kam sie mit zu mir oder wir schliefen getrennt. Ich dachte mir immer neue Ausreden aus, bin mir jedoch sicher, dass sie mich schnell durchschaut hatte. Sie wusste, wie wenig ich Annabelle mochte. Sicherlich ahnte sie auch, dass ich Angst vor ihr hatte.

Eines Abends war ich allerdings zu betrunken, um nach Hause zu fahren. Wir hatten ganz schön gefeiert und ich meinen letzten Bus verpasst. Also blieb mir nichts anderes übrig, als bei Angie und Donna zu schlafen. Das war die Nacht, in der Annabelle angriff.

Ich lag neben Angie im Bett. Ein merkwürdig beklemmendes Gefühl hatte mich aufgeweckt und ich merkte schnell, dass ich mich nicht mehr bewegen konnte. Es war, als würde mein gesamter Körper von einer dunklen Macht festgehalten. Ich konnte weder zusammenzucken noch schreien, als ich sah, wie Annabelle am Fußende des Bettes auftauchte. Zuerst konnte ich kaum mehr als eine schwache Bewegung in der Dunkelheit erkennen, aber ich wusste sofort, dass sie es war. Ich spürte es.

Sie zog sich mit ihren kleinen Ärmchen aufs Bett. Dann stand sie da, bedrohlich aufgerichtet zu ihrem vollen Meter, bevor sie langsam auf mich zuging. Ich konnte ihre kleinen Füße spüren, während sie über die Decke schlich, die über mir lag.

Wieder versuchte ich zu schreien, aber es wollte mir nicht gelingen. Ich schaffe es nur, meine Augen so zu bewegen, dass ich Angie ansehen konnte, wie sie friedlich und völlig unbekümmert neben mir schlief. Sie lag auf der Seite und umklammerte sanft meinen Arm.

Dann hatte Annabelle mich erreicht. Sie stand direkt vor meinem Gesicht. Ihre kalten emotionslosen Augen starrten mich direkt an, während sie sich langsam auf die Knie fallen ließ. Ihr starres, sonst so niedliches Lächeln wirkte jetzt hinterhältig und fies. Ich sah, wie sie ihre Ärmchen hob, und spürte ihre kalten, weichen Hände an meinem Hals. Nie hätte ich geglaubt, dass ein solch zierliches Wesen so zudrücken könne. Dass diese kleinen Stoffhände eine solche Kraft hatten.

Annabelle schnürte mir die Luft ab. Ich hatte Todesangst. Mein Hirn schrie danach, sich zu wehren, mich zu bewegen, zu schreien, zu atmen, doch ich konnte es nicht. Bald machte sich Schwindel in mir breit. Das angestaute Blut in meinem Kopf fühlte sich an, als müssten meine Adern jeden Moment bersten. Dann verlor ich das Bewusstsein. Ich war mir sicher, dass ich nie wieder aufwachen würde. Doch am nächsten Morgen kam alles anders.

„Guten Morgen, Schatz“, weckte Angie mich sanft. Sie gab mir einen Kuss auf den Mund. „Aufwachen.“

An anderen Tagen hätte ich mich zur Seite gedreht, mir die Decke über den Kopf gezogen und etwas wie „Nur noch fünf Minuten“ gegrummelt. Besonders bei dem ganzen Alkohol, den ich getrunken hatte. Aber nicht heute. Heute konnte ich gar nicht schnell genug aus dem Bett springen.

Ich sah mich hektisch um, ließ den Blick durch das Zimmer streifen, um sicherzugehen, dass dieses Ding nicht bei uns war.

„Was ist? Was hast du?“, fragte Angie besorgt, während ich bereits dabei war, mir meine Hose und mein T-Shirt anzuziehen.

Wortlos verließ ich das Schlafzimmer. Ich machte mich auf den Weg in Donnas Zimmer. Hinter mir hörte ich, wie Angie mir folgte.

Ohne vorher zu klopfen, riss ich die Tür auf.

Donna riss erschrocken den Kopf herum. „Sag mal, spinnst du?“ Sie saß bereits am Schreibtisch. „Ich hätte nackt sein können!“

Ich beachtete sie nicht. Stattdessen ging ich schnurstracks zu ihrem Bett und packte Annabelle beim Kleid.

Das wiederum versetzt Donna in Alarmbereitschaft. „Lou, ich warne dich. Setz sie wieder hin!“

Ich schnaubte verächtlich. „Du warnst mich?“ Wütend tat ich einen Schritt auf sie zu. „Dieses Scheißteil hat letzte Nacht versucht, mich zu erwürgen!“

„Du bist doch verrückt. So etwas würde sie nie tun!“, verteidigte Angie die Puppe sofort. Sie stellte sich zu Donna.

Ich bin verrückt?! Ich bin nicht derjenige, der seit Wochen mit einer Puppe redet und so tut, als wäre es völlig normal, dass sie nachts versucht, meinen Verlobten zu ermorden! Aber wisst ihr was? Ich habe genug. Ich kann das nicht mehr. Entweder verschwindet Annabelle aus eurem Leben oder ich!“

Mit diesen Worten pfefferte ich die Stoffpuppe mit voller Kraft durchs Zimmer. Ich bereitete mich bereits auf einen dramatischen Abgang vor, als plötzlich ein Schmerz in meiner Brust explodierte, der meine Beine in Wackelpudding verwandelte. Erschrocken sank ich auf die Knie, meine rechte Hand auf meine schmerzende Brust gepresst.

„O Gott, Lou!“, kreischte Angie panisch.

Am Boden kauernd starrte ich meine Hand an. Auf ihr glänzte eine rote Flüssigkeit. Mein Blick streifte mein T-Shirt. Obwohl mir Tränen in die Augen schossen und meine Sicht verschleierten, konnte ich erkennen, wie der weiße Stoff sich langsam mit Blut vollsog.

Angie war sofort bei mir. Und auch Donna schien recht schnell bemerkt zu haben, was passiert war. Sie ließ Annabelle links liegen, um mich zusammen mit Angie aus der Wohnung zu bringen. Im Vorbeigehen schnappte sie sich den Erste Hilfe Koffer aus dem Wohnungsflur.

Erst, als die Tür hinter uns ins Schloss gefallen war, setzten sie mich ab. Die Wunde – vier horizontale und drei vertikale Kratzer, die mein T-Shirt auf magische Weise nicht einmal berührt hatten – blutete zwar recht stark, war aber nicht sonderlich tief, sodass die beiden als angehenden Krankenschwestern keine Probleme hatten, mich zu verarzten. Anschließend beeilten wir uns, aus dem Haus zu kommen.

Über Annabelle sprachen wir an dem Tag kein einziges Wort mehr, zu tief saß der Schock. Aber das mussten wir auch gar nicht. Es reichte mir völlig, dass die beiden bei mir übernachteten, bis wir zwei Paranormalforscher – das Ehepaar Ed und Lorraine Warren – überreden konnten, sich Annabelle anzunehmen.

Sie hörten sich unsere Schilderungen der Ereignisse an, organisierten einen Priester, der in Donnas und Angies Wohnung einen Exorzismus durchführte und nahmen die verfluchte Puppe mit. Sie erklärten uns, dass sie von einem Dämon besessen sei, der vorgetäuscht habe, der Geist der verstorbenen Annabelle Higgins zu sein. Ich weiß nicht, ob ich das glauben kann … Dämonen oder Gott waren noch nie etwas, für das ich mich interessierte. Aber an besessene Puppen hatte ich früher auch nicht geglaubt, also wer weiß …?

Aber was es auch war, ob nun ein Geist, ein Dämon oder etwas völlig anderes, der Spuk war in dem Moment zu Ende, als die Warrens Annabelle mitgenommen hatten. Und ich war froh, dass in unser Leben endlich wieder Normalität einkehrte.

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Die Legende:

Annabelle ist neben Chucky die wohl bekannteste Filmhorrorpuppe, die es gibt. Wusstet ihr jedoch, dass die besessene Puppe aus dem Conjuring-Universum auf einer realen Puppe basiert?

Aussehen:

Im Gegensatz zu der gruseligen Porzellanpuppe aus den Filmen ist die echte Annabelle eine eher niedliche Stoffpuppe, die den Kinderbuchcharakter Raggedy Ann darstellt.

Annabelle hat einen großen Kopf, rote Haare aus dicken Strähnen und ein flaches Gesicht mit großen Augen. Ihre große dreieckige Nase und der breite Mund mit den kleinen roten Lippen sind aufgestickt. Als Kleidung trägt sie ein weißes Kleid mit kurzen Ärmeln und Blumenmuster, eine rot-weiße Strumpfhose und schwarze Schuhe.

Genaue Angaben zu der Größe habe ich leider nicht finden können, von den Bildern und Beschreibungen her gehe ich aber von einer Körpergröße von etwa einem Meter aus.

Seltsame Vorkommnisse:

Die wahre Geschichte um Annabelle soll sich im Jahr 1970 zugetragen haben. Alles begann als die 28-jährige Deirdre „Donna“ Bernard von ihrer Mutter eine Raggedy-Ann-Puppe als Weihnachts– oder Geburtstagsgeschenk bekam.

Donna und ihre Mitbewohnerin Angie, die zu der Zeit zusammen eine Ausbildung zur Krankenschwester machten, bemerkten schnell, dass mit der Puppe etwas nicht stimmte: Sie schien sich wie von selbst zu bewegen und saß oder lag oft anders, als Donna sie zurückgelassen hatte.

Lou – entweder ein Freund der beiden oder sogar der Verlobte von Angie, der die beiden oft besuchen kam – fand die Puppe regelrecht unheimlich und schlug vor, sie loszuwerden, was die Frauen jedoch ignorierten.

Zuerst waren Annabelles Bewegungen recht unauffällig: Sie änderte bloß die Pose oder lag an anderer Stelle auf dem Bett, als dort, wo Donna sie hingesetzt hatte. Die Bewegungen wurden jedoch mit der Zeit immer auffälliger. So fanden sie die Puppe teilweise in völlig anderen Räumen wieder – oft fand Donna sie z. B. auf ihrem Bett, obwohl sie Annabelle zuletzt im Wohnzimmer auf die Couch gesetzt hatte.

Bald tauchten außerdem kleine Zettel mit Nachrichten auf, auf denen in Kinderschrift z. B. „Help us“ (Hilf uns) oder „Help Lou“ (Hilf Lou) stand.

Als Donna dann auch noch seltsame rote Punkte, die wie Bluttropen aussahen, auf dem Handrücken und der Brust der Puppe fand, wurde es Donna und Angie zu viel. Sie beschlossen, sich professionelle Hilfe in Form eines Mediums zu holen.

Und tatsächlich schaffte das Medium es, Kontakt zu dem Wesen aufzunehmen, das Besitz von der Puppe ergriffen hat. Es stellt sich als Geist eines kleinen Mädchens namens Annabelle Higgins vor. Sie bittet Donna und Angie darum, bei ihnen bleiben und weiter in der Puppe wohnen zu dürfen. Die Studentinnen glauben dem Wesen und willigen ein.

Als sie jedoch Lou davon erzählen, war er alles andere als begeistert. Er hält weiter daran fest, dass sie die Puppe loswerden sollten. Das hingegen schien Annabelle nicht zu gefallen und so wurde Lou bald mehrfach von der Puppe angegriffen:

Beim ersten Angriff wurde Lou nachts von der Puppe gewürgt. Er ist aufgewacht, weil er sich unwohl gefühlt hat, woraufhin Annabelle auf sein Bett geklettert ist und ihn so lange gewürgt hat, bis er das Bewusstsein verlor.

Doch während dieser erste Angriff noch als Albtraum oder Schlafparalyse abgetan werden konnte, sah es bei dem zweiten ganz anders aus. Während Lou allein mit der Puppe im Zimmer war, spürte er plötzlich einen starken Schmerz in der Brust und stellte mit entsetzen fest, dass er sieben blutige Kratzer auf der Haut unter seinem Shirt hatte.

Das war der Punkt, als auch Donna und Angie einsahen, dass Annabelle wegmusste. Sie setzten sich mit den Paranormalforschern Ed und Lorraine Warren in Kontakt, die ihnen halfen, einen Exorzismus im Haus durchführen zu lassen und die Puppe an sich nahmen. Sie erklärten ihnen außerdem, dass Annabelle keineswegs der Geist eines kleinen Mädchens sei, sondern ein gefährlicher Dämon Besitz von der Puppe ergriffen hatte.

Seitdem Annabelle im Besitz der Warrens ist, wo sie in ihrem Museum ausgestellt wird, soll es dort weitere Vorkommnisse gegeben haben. Inzwischen sitzt die unscheinbare Puppe in einem Schaukasten mit verschlossener Glastür und einer Warnung, dass sie nicht herausgenommen werden darf.

Wenn ich die Vorkommnisse im Museum jetzt auch noch ausführen würde, würde ich den Beitrag jedoch unnötig in die Länge ziehen. Trotzdem möchte ich noch erwähnen, dass es sogar einen angeblichen Todesfall gab, bei dem ein Museumsbesucher mit seinem Motorrad verunglückt sei, nachdem er die Puppe provoziert habe.

Ort des Geschehens:

Viel ist über Donna, Angie und Lou nicht bekannt. Auch nicht, wo sie gelebt haben, als Annabelle in ihr Leben trat. Es ist aber sehr wahrscheinlich, dass es in den USA war.

Inzwischen befindet sich Annabelle im „The Warren’s Occult Museum“ in Monroe, Connecticut in einem Schaukasten mit Glastür. Das Museum ist jedoch seit 2019 für die Öffentlichkeit geschlossen.

Ursprung:

Dass die Puppe der Warrens der Ursprung für die Horrorpuppe aus dem Conjuring-Universum ist, ist unumstritten. Anders sieht es jedoch mit der „wahren Geschichte“ hinter der echten Annabelle Puppe aus.

Es gibt viele offene Fragen und Unstimmigkeiten in den Erzählungen. Auch habe ich – abgesehen von den Aussagen der Warrens – keine einzige Quelle gefunden, die bestätigt, dass es Donna, Angie und Lou überhaupt gab.

Natürlich lässt sich das damit begründen, dass sie bloß keine öffentliche Aufmerksamkeit wollen. Anders sieht es jedoch mit den zahlreichen Unstimmigkeiten in den verschiedenen Erzählungen der Warrens selbst aus.

In einem Video, in dem Ed Warren persönlich von Annabelles Ursprung erzählt, macht er z. B. völlig andere Aussagen, als in dem Text, der auf der offiziellen Website der Warrens veröffentlicht wurde.

Um einige Beispiele zu nennen, sagte Warren im Video, dass Annabelle Higgins 6 Jahre alt war, als sie bei einem Autounfall starb, während es im Text heißt, sie sei 7 gewesen, als man ihre Leiche in einem Feld fand. Im Video war die Puppe ein Weihnachtsgeschenk, im Text bekam Donna sie zum 28. Geburtstag.

Aber auch der Ablauf ist nicht überall derselbe. Während Warren im Video sagt, dass Lou am selben Tag von der Puppe im Bett gewürgt würde, an dem er auch die Kratzer auf der Brust bekam, waren es laut Text völlig unterschiedliche Tage.

Und das sind bei Weitem nicht alle Unstimmigkeiten. Aber vielleicht liegt es bloß daran, dass viele Jahre zwischen dem Video und dem Text auf der Website lagen. Vielleicht hatte Warren sich vertan oder falsch erinnert, als er den Vortrag hielt oder der Text verfasst wurde. Oder aber die „wahre“ Geschichte von Annabelle ist genau das: bloß eine Geschichte.

Was denkt ihr? Ist die Geschichte „wahre Geschichte“ um Annabelle echt? Oder bloß eine Erfidnung, um das Museumsstück interessanter zu machen? Wie würdet ihr reagieren, wenn ihr eine Puppe geschenkt bekommt, die sich plötzlich von selbst bewegt? Schreibt es in die Kommentare!

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2 Kommentare

    • Jeremie Michels schreibt:

      Ich befürchte zwar, dass – wenn man den Ausführungen der Warrens glaubt – der Dämon bloß Besitz von einem anderen Gegenstand (oder im schlimmsten Fall Menschen) ergreifen würde, wenn Annabelle zerstört wird, aber es ist trotzdem eine durchaus valide Reaktion. Jetzt ist nur die Frage, in welcher Reihenfolge du die Puppe verbrennen, zerquetschen und zerfetzen würdest. xD

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