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Halloween Campus Murders Zeichnung von Jeremie Michels. Man sieht im Vordergrund einen Mann stehen, der einen blauen Overall trägt und eine blutige Feuerwehraxt in der rechten Hand trägt. Er sieht in die Ferne, wo man in der Dunkelheit ein vierstöckiges Gebäude stehen sieht. Hinter einigen erleuchteten Scheiben sieht man Leute feiern, rauchen und lesen.
Halloween Campus Murders (2020)

Die Halloween Campus Murders (überarbeitet)

Die Halloween Campus Murders sind ein beliebtes Gerücht, das immer mal wieder in der Zeit vor Halloween an amerikanischen Universitäten verbreitet wird. Als Teil meines Halloween-Specials 2022 habe ich die Geschichte für euch vertont und überarbeitet. Wenn sie euch also lieber anhören wollt, findet ihr das Audio Hier.

Viel Spaß beim Gruseln!

Triggerwarnungen

– Blut
– Explizite Darstellung körperlicher Gewalt
– Tod

Die Geschichte:

„Hey, Eric. Meinst du, dass heute Abend wirklich was passiert?“, fragte Jeffrey. Ich sah, dass er unruhig mit dem Bein wippte.

„Du glaubst doch nicht ernsthaft an Wahrsagerei oder so einen Quatsch? Das sind nur Spukgeschichten“, erwiderte ich skeptisch. Ich würde ihm nicht gestehen, dass ich einen Baseballschläger unter meiner Decke versteckt hatte, nur für den Fall, dass tatsächlich ein Axt schwingender Mörder in unser Zimmer stürmen würde.

Aber ich sollte euch wohl erst einmal erzählen, was genau los war: Alles hatte vor einigen Wochen angefangen. Damals war das Gerücht aufgekommen, dass ein berühmtes Medium in einer Talkshow ein schreckliches Verbrechen an einer Universität vorausgesagt haben soll. Komisch nur, dass mir bisher niemand auch nur einen Ausschnitt aus der vermeintlichen Talkshow zeigen konnte. Gerade einmal eine Handvoll Studenten behauptete, das Interview selbst gehört zu haben. Einer von ihnen war Jonathan.

Ich sehe es vor mir … Am Halloweenabend wird ein fürchterliches Verbrechen geschehen. Ich sehe eine blutige Axt. Acht Menschen werden sterben. Der Ort … ich kann ihn nicht genau erkennen. Es ist eine Universität, aber ich weiß nicht, welche. Ganz in der Nähe ist ein Friedhof und … ja … ihr Name beginnt mit einem W. Nein. Nein! Mit einem M!

So oder so ähnlich hatte Jonathan es uns unter dramatischen Handgesten vorgetragen. Und obwohl ich nicht an so einen Schwachsinn wie Wahrsagerei oder ein Medium glaubte, hatten sich seine Worte in mein Gedächtnis eingebrannt. Besonders, da Jonathan letzte Nacht abgereist war.

Und sogar die Universität hatte eine offizielle Warnung an die Eltern geschickt. In der Mail stand natürlich nichts von dem Medium, aber den Eltern wurde empfohlen, die Studenten über Halloween nach Hause zu holen.

Einige meiner Freunde hingegen hatten die tolle Idee, hierzubleiben. Sie redeten davon, dass es sicher lustig sei, die ganze Uni nur für uns zu haben. Außerdem würde das Gerücht wunderbar zur Halloweenstimmung beitragen. Und so hatte ich mich überreden lassen, mich ihnen anzuschließen.

Hätte ich jedoch gewusst, dass ich den halben Tag mit einem flauen Gefühl im Magen paranoid auf dem Bett sitzen würde, wäre ich wohl zu meinen Eltern gefahren. Ich fragte mich, ob es der Gruppe Freshman-Studenten ähnlich ging, die ebenfalls hier geblieben waren.

Plötzlich hörten wir Schritte aus dem Flur – schnelle Schritte. Jeffrey und ich warfen einander ängstliche Blicke zu. Gleichzeitig griff ich nach dem Baseballschläger. Als die Tür aufschwang, sprang ich auf, bereit, jedem den Kopf einzuschlagen, der uns bedrohte.

Doch vor mir stand kein Killer. Dort waren nur Mary und Angela, die in unser Zimmer huschten und hastig die Tür hinter sich schlossen.

„Ich dachte, wir wollten uns erst um acht treffen?“, fragte ich möglichst gelassen. Ich war schon dabei, den Baseballschläger zurück aufs Bett zu legen, als ich Marys verstörten Blick bemerkte.

„Sie sind tot!“, sagte sie panisch. Sie sprach dabei leise, als traue sie sich nicht, die Stimme zu heben.

„Ja ja, sehr witzig“, erwiderte Jeffrey genervt. „Das Gerücht ist doch scheiße!“

Mary und Angela sahen jedoch nicht aus, als würden sie scherzen. Während ich eindeutig Angst in Marys Augen sehen konnte, starrte Angela nur verstört zu Boden.

„Das ist kein Gerücht“, jammerte Mary. „Irgendwer hat sie zerstückelt. O Gott, da war überall Blut.“

Mit einem Satz war ich bei ihr. „Wer? Wer ist tot? Geht es June gut?“, fragte ich entsetzt.

June, meine Freundin, war eine der wenigen Studenten, die hier geblieben waren.

„Ich … Ich weiß es nicht“, sagte sie den Tränen nahe. „Gesehen habe ich nur Zack und Owen, aber da lag noch jemand. Fuck!“ Sie hatte Schwierigkeiten, ihren Atem unter Kontrolle zu halten.

Jeffrey hingegen war von all dem völlig unbeeindruckt. „Du glaubst den Scheiß doch nicht etwa?“, fragte er genervt.

Meine Gedanken überschlugen sich. Ich hatte nicht das Gefühl, dass Mary uns verarschen wollte, aber ich musste auf Nummer sicher gehen.

„Schwör es!“, befahl ich. „Schwöre bei Gott!“

Mary war streng gläubig. Bei so etwas konnte sie nicht lügen – und das wusste auch Jeffrey.

Doch so sehr ich auch hoffe, dass sie jetzt verärgert schnauben, mit den Augen rollen und mich einen Spielverderber nennen würde, sie tat es nicht. Ihr Blick blieb voller Furcht. „Ich schwöre!“, wimmerte sie.

Die bedrohliche Stimmung, die ihre Worte auslösten, legten sich wie eine dunkle Wolke über uns.

Waren Zack und Owen wirklich tot? Wie konnte das sein? Und was war mit June? Was war mit meiner Freundin?

„Konntest du erkennen, wer die dritte Leiche war?“, fragte ich jetzt Angela.

Doch sie starrte nur vor sich hin und schüttelte in Zeitlupe den Kopf.

„Wir hätten ja nachgesehen, aber da war ein Mann … Wir … Wir sind weggerannt“, verteidigte Mary ihre Mitbewohnerin.

„Warte, warte, warte“, ging Jeffrey dazwischen. Auch er war inzwischen aufgestanden. „Der Mörder hat euch gesehen?!“

Ohne eine Antwort abzuwarten, schob er Mary beiseite, öffnete vorsichtig die Tür und spähte in den Flur. Als er scheinbar niemanden sehen konnte, schloss er sie fast geräuschlos wieder, nahm den klapprigen Holzstuhl von unserem Schreibtisch und klemmte ihn unter den Türknauf.

„Ruft sofort die Polizei an!“, befahl er in den Raum.

Mary kramte ihr Handy hervor. Und auch ich nahm meins vom Nachttisch.

„Ich ruf June an“, sagte ich entschlossen.

Niemand widersprach.

Aus dem Augenwinkel beobachtete ich, wie Mary die 911 wählte. Mein letztes Bisschen Hoffnung klammerte sich noch immer an den Gedanken, dass es sich um irgendeinen übertriebenen Scherz handelte. Doch als Mary nicht einmal eine Millisekunde zögerte, ehe sie auf den grünen Hörer tippte, stürzte meine Hoffnung den Abgrund hinunter, um kurz darauf am Boden zu zerschellen.

Mir war leicht schwindelig, während ich durch die Kontakte auf meinem Smartphone scrollte. Gleichzeitig versuchte ich, zu begreifen, was hier gerade passierte.

Tuuut. Hier war ein Mann, der uns umbringen wollte. Tuuut. Eine Wahrsagerin hatte es im Fernsehen vorausgesagt. Tuuut. Es könnte sein, dass meine Freundin tot war. Tuuut.

„Hey, hier ist June. Leider bin ich im Moment nicht zu erreichen. Hinterlass mir eine Nachricht und ich ruf dich vielleicht zurück“, drang die vertraute Stimme aus dem Telefon. Dann ertönte das Freizeichen.

„June? June, hier ist Eric. Irgendein Mann hat Zack und Owen umgebracht. Wenn du das hier hörst, versteck dich irgendwo! Ich versuche, zu dir zu kommen. Hörst du? Ich komme zu dir!“

Als ich mein Handy mit zittriger Hand wegsteckte, war Mary wild am Diskutieren. „Bitte Sie müssen mir glauben. Irgendein Wahnsinniger möchte uns umbringen!“, kreischte sie panisch ins Telefon.

Während die Person am anderen Ende antwortete, bemerkte ich jedoch noch etwas anderes: Schwere Schritte kamen leise aus dem Flur … und sie wurden von Schritt zu Schritt lauter.

„Nein, das ist kein Kostüm!“, fuhr Mary fort. „Sie müssen …“

„Schhht!“, unterbrach ich Mary. Sie hörte sofort auf zu reden.

Schweigend standen wir da, den Blick ängstlich auf die Tür gerichtet. Jetzt hatten die anderen es auch gehört.

„Hallo? Hallo, sind sie noch da?“, war leise aus dem Telefon zu hören.

Dann drehte sich plötzlich der Türknauf. Irgendjemand drückte von außen gegen die Tür. Es war ein dumpfes Geräusch zu hören, als hätte sich jemand halbherzig gegen die Tür geworfen, doch der Stuhl hielt stand.

Dann klopfte es. „Mädels, seid ihr da drinnen? Macht doch bitte die Tür auf“, ertönte eine gedämpfte Männerstimme.

Niemand antwortete. Stattdessen hielten wir kollektiv den Atem an und warfen einander ängstliche Blicke zu. Ich kannte die Stimme, konnte sie jedoch nicht direkt zuordnen.

Rums. Irgendetwas wurde mit voller Wucht gegen die Tür gedonnert. Mary, Angela, Jeffrey und ich zuckten gleichzeitig zusammen.

Rums. Eine Delle bildete sich in der Tür. Rums. Holz splittert, während die Spitze eines Axtkopfes durch den neu entstandenen Spalt in der Tür ragte.

Eine Axt! Eine verdammte Axt! Genau, wie es das Medium vorausgesagt hatte!

Knack.

Jetzt schrien wir alle durcheinander, während wir uns möglichst weit von der Tür wegbewegten.

Rums.

Ich stand kurz vor einem Nervenzusammenbruch. Doch anstatt noch weiter in Panik zu verfallen, zwang ich mich, tief durchzuatmen und nachzudenken. Wenn ich jetzt durchdrehte, konnte das meinen Tod bedeuten.

Rums.

Wir waren im zweiten Stock. Der einzige Eingang war die Tür, die gerade von einem Irren zerhackstückelt wurde. Wir waren eingesperrt, außer …

Rums.

„Das Fenster!“, brüllte ich, über das Knirschen der Tür hinweg.

Drei Augenpaare waren auf mich gerichtet. Sie blickten panisch zwischen mir und der Tür hin und her.

„Wir sind im zweiten Stock. Alleine der Fall könnte uns umbringen!“, schrie Angela mich an. Dann fiel ihr Blick auf meinen Baseballschläger. „Wenn du schnell genug zuschlägst, könntest du …“

Ich ließ sie nicht ausreden. „Neben dem Fenster ist eine Regenrinne!“, unterbrach ich sie. „Daran können wir nach unten klettern!“

Nachdem ich das Fenster geöffnet hatte, sahen die anderen mich erwartungsvoll an. Sie waren sofort mit mir gekommen, aber ich wusste, dass ich nicht drumherum kommen würde, als Erster hinauszuklettern. Immerhin war es meine Idee gewesen.

Ein letzter Blick zur Tür verriet mir, dass sie nicht mehr lange standhalten würde. Bald wäre das Loch groß genug, dass jemand hindurchgreifen und den Stuhl wegstoßen konnte.

Ich atmete tief durch, während ich den Baseballschläger in meinen Gürtel schob. Dann hielt ich mich am Fensterrahmen fest. Der Weg nach unten wirkte höher als nur zwei Stockwerke.

„Ach, scheiß drauf!“, fluchte ich, während ich mein Bein über das Fensterbrett schwang. Ich zwang mich, den Kopf gerade zu halten und nicht noch einmal nach unten zu sehen. Mit beiden Händen griff ich nach der Regenrinne. Ich klammerte mich mit aller Kraft an dem Rohr fest. Es was eiskalt. Dann zog ich mein zweites Bein aus dem Fenster.

Für einen Moment dachte ich, ich würde abrutschen. Doch ich schaffte es, meine Füße von beiden Seiten gegen das Rohr zu pressen.

Schnell und trotzdem vorsichtig begann ich, am Rohr hinunterzurutschen – Stück für Stück, Meter für Meter –, bis ich endlich festen Boden unter den Füßen hatte. Auch wenn mein Herz raste, als hätte ich einen Marathon hinter mir, musste ich zugeben, dass es einfacher war, als erwartet.

„Okay, es ist sicher!“, rief ich den anderen zu.

Es dauerte nicht lange bis auch Mary und Angela unten waren. Jetzt fehlte nur noch Jeffrey. Er saß auf dem Fensterbrett und starrte zu uns herunter, dann zur Regenrinne, dann wieder zu uns.

„Denk nicht darüber nach!“, brüllte ich ihm zu. „Greif einfach nach der Regenrinne und klammer dich fest! Du schaffst das!“

Endlich griff er nach dem Rohr. Ich sah sogar auf die Entfernung, dass seine Hand zitterte.

Dann plötzlich starrte er ins Zimmer zurück. „Scheiße!“, hörte ich ihn fluchen. Er packte hastig mit der zweiten Hand nach der Regenrinne, bevor er sich mit voller Wucht nach draußen schwang – mit zu viel Wucht. Seine Hand rutschte ab.

„Jeff!“, schaffte ich es noch, zu brüllen, während ich auf ihn zu rannte.

Doch der Fall war zu kurz. Sein Körper fiel zu schnell. Ehe ich auch nur versuchen konnte, ihn aufzufangen, klatschte Jeffrey mit einem ekelhaften Klatschen vor mir auf den Steinboden.

Mary und Angela kreischten.

Und auch mir entfuhr ein spitzer Schrei. „Jeff! Jeffrey! Kannst du mich hören?“, schrie ich, während ich zu ihm stürzte.

Doch er antwortet er nicht. Stattdessen bildete sich eine Pfütze aus Blut um seinen Kopf herum. Ich spürte die warme Flüssigkeit an meinem Knie, wie sich meine Jeans langsam vollsog …

Schnell fasste ich an Jeffs Hals, um seinen Puls zu fühlen. Nichts. Ich hielt meine Hand unter seine Nase. Kein Atem. Jeffrey war tot.

Während ich aufstand, sahen die beiden Mädchen mich wie gebannt an. Ich schüttelte den Kopf.

Mary brach in Tränen aus.

Noch immer im Schock starrte ich zurück zu dem Fenster, aus dem er gestürzt war und erschrak. Dort stand ein Mann! Obwohl er fast sofort seinen Kopf zurückgezogen hatte, hatten wir ihn erkannt.

„War das …?“, fragte Angela fassungslos.

„Mr. Willson“, vervollständigte ich ihre Vermutung. Der axtschwingende Irre war unser liebenswürdiger Hausmeister.

Plötzlich rannte Mary los.

„Warte! Wo willst du hin?“, rief Angela, während wir ihr nachrannten.

„Wohin wohl? Hier weg und dann direkt zur Polizei!“, erwiderte Mary.

„Und was ist mit den anderen?“, warf Angela ein. „Sie wissen von nichts. Willst du, dass ihr Blut an deinen Händen klebt?“

Mary war hin- und hergerissen. Man sah ihr an, dass in ihr ein Kampf zwischen ihrem Glauben und ihrer Angst tobte.

Doch auch ich musste Angela zustimmen. Nicht, weil ich mich für das Leben einiger Freshman-Studenten interessierte, sondern weil es eine geringe Chance gab, dass June noch lebte. Wenn sie sterben würde, weil ich sie zurückgelassen hatte, könnte ich mir das nie verzeihen!

Wir entschieden, den Umweg über den Westeingang zu nehmen – für den Fall, dass Mr. Willson bereits auf dem Weg zu uns war. Wir hatten keine Lust, ihm in die Arme zu laufen.

Ich zögerte erst, als wir drinnen am Fuß der Treppe standen. Zwiegespalten sah ich nach oben. Sollten wir wirklich wieder hochlaufen?

„Was ist mit dem Feueralarm?“, schlug ich vor. „Wenn wir den auslösen, rennen die anderen schon nach draußen!“

Mary schüttelte energisch den Kopf. „Mr. Willson weiß, wo wir uns bei Brandschutzübungen versammeln sollen. Sie würden ihm direkt in die Arme rennen!“

Ich knirschte mit den Zähnen. Uns blieb wohl nichts anderes übrig.

„Shit!“, fluchte ich leise. Dann rannte ich die Treppen rauf. Mary und Angela waren mir dicht auf den Fersen.

Im zweiten Stock nahm ich sofort den Gang zu unserer Linken. Junes Zimmer war auf der anderen Seite des Gebäudes.

„Eric!“, zischte Angela mir nach. „Eric, wo willst du hin? Die Freshman-Studenten sind im dritten Stock!“

„Ich geh zu June!“, flüsterte ich zurück.

„Wir wissen nicht einmal, ob sie noch lebt. Und die Freshmen sind völlig ahnungslos!“, erwiderte sie.

Da hatte sie recht … Verdammt! Aber June war mir wichtiger!

„Okay. Ihr rennt nach oben und ich hole June. Wir treffen uns beim …“

„Nein!“, zische Angela mir zu. „Wir teilen uns ganz sicher nicht auf! Außerdem ist June auch unsere Freundin. Aber wenn sie nicht in ihrem Zimmer ist, gehen wir sofort nach oben!“

Ich konnte gar nicht sagen, wie dankbar ich den beiden war, dass mitkommen wollten.

Plötzlich knallte ganz in der Nähe eine Tür. Ohne einen Laut von uns zu geben, schlichen wir um eine Ecke und drückten uns an die Wand. Meinen Baseballschläger hielt ich mit beiden Händen fest umklammert.

Schwere Schritte ertönten von der Treppe. „Scheiß Kinder!“, hörte ich Mr. Willson grummeln. „Sagen, sie seien Erwachsene, haben aber keinerlei Anstand! Immer nur feiern, saufen, kotzen. Und wer darf es saubermachen? Aber es reicht. Es reicht!“

Seine Stimme hatte eine Tonlage, wie ich es bisher nur von Verrückten aus irgendwelchen Filmen kannte. Ich erkannte ihn gar nicht wieder. Sonst war er immer so ein netter Mann gewesen …

Während er weiter vor sich hin grummelte, schloss ich die Augen.

Komm nicht hier lang. Geh einfach weiter. Einfach weiter!‘, dachte ich.

Doch wenn dieser Abend mich eine Sache gelehrt hatte, dann, dass das Glück nicht auf unserer Seite war.

„Er kommt!“, zischte Mary, während sie mich sanft schubste und nach Angelas Handgelenk griff. „Er kommt!“

Das ließ ich mir kein drittes Mal sagen. Sofort nahm ich meine Beine in die Hand und rannte. Mary und Angela waren dicht hinter mir – direkt gefolgt von den schweren Schritten unseres Hausmeisters.

„Hab ich euch!“, schrie er. „Bleibt stehen!“

Während ich rannte, dachte ich fieberhaft nach. Wir mussten irgendwie Abstand gewinnen. Aber wo sollten wir lang? Durch den Computerraum? Er hatte zwei Eingänge. Wenn wir die erste Tür blockieren konnten …

Marys Aufschrei riss mich aus den Gedanken. Sie war gestürzt! Mr. Willson hatte sie fast eingeholt! Obwohl er humpelte – eine alte Kriegsverletzung –, hatte er eine wahnsinnige Geschwindigkeit drauf.

„Scheiße! Steh auf. Steh auf!“, kreischte Angela.

Mary versuchte, sich an ihrem Handgelenk hochzuziehen, das sie noch immer umklammert hielt, doch sie schien sich am Fuß verletzt zu haben. Sie schaffte nur einen Schritt, bevor sie wieder umknickte.

„Mary, Vorsicht!“, schrie ich.

Doch meine Warnung kam zu spät. Mr. Willson hatte sie bereits eingeholt. In einer flüssigen Bewegung hob er seine Axt und ließ die Klinge in Marys Rücken krachen. Eine widerwärtige Mischung aus Schmatzen und Knacken war zu hören, bevor Mary wie am Spieß zu Kreischen begann.

Mit weit aufgerissenen Augen starrte ich sie an. Es war, als hätte ich die Kontrolle über meinen Körper verloren, als würde ich bloß einen Film gucken und könnte selbst nichts tun, mich nicht mehr bewegen.

Mr. Willson stemmte sich mit einem Fuß an Marys Rücken ab und zog die Axt mit einem Ruck heraus. Blut spritzte in alle Richtungen.

Dann fiel mein Blick auf Angela. Sie zerrte noch immer an Marys Arm!

„Lass sie los! Lass sie los!“, brüllte ich. Für Mary war es zu spät.

„Ich kann nicht. Sie hält mein Handgelenk fest!“, kreischte Angela zurück. Ich hatte noch nie so viel Panik in einer Stimme gehört.

Gegen meinen Fluchtreflex ankämpfend, rannte ich auf sie zu. Ich musste ihr helfen!

Ich war gerade bei ihr, griff schon nach Marys verkrampfter Hand, als mich plötzlich ein Schwall Blut genau im Gesicht traf.

Verwirrt taumelte ich rückwärts. Ich blinzelte, um das Blut aus meinen Augen zu bekommen. Was war passiert?

Als ich Angela ansah, wurde mir schwindelig. Mr. Willson hatte sie mit der Axt am Hals erwischt. Angelas und mein Blick trafen sich. In ihren Augen schimmerten Tränen. Sie röchelte, als wolle sie etwas sagen. Doch aus ihrem Mund und ihrem Hals spritze bloß Blut. Dann brach sie zusammen.

Ich sah nicht mehr, wie ihr Körper auf den Boden aufschlug. In dem Moment, wo sie zu fallen begann, hatte ich mich umgedreht und war losgesprintet.

Wenn ich es bis zum Computerraum schaffte, könnte ich genug Zeit gewinnen, um in Junes Zimmer zu sprinten. Wenn ich sie gefunden hatte, würden wir sofort fliehen. Scheiß auf die Freshman-Studenten!

Und tatsächlich schaffte ich es in den Computerraum – wahrscheinlich, weil Mr. Willson mir nicht sofort hinterhergelaufen war. Er war zurückgeblieben und hatte weiter auf Mary und Angela eingehackt – zumindest den Geräuschen nach zu urteilen. Ich versuchte, nicht weiter darüber nachzudenken.

Im Computerraum griff ich sofort nach einem der Stühle. Ich klemmte ihn unter die Tür, woraufhin er sofort wegrutschte. Ich versuchte es noch einmal, aber keine Chance, die Rollen fanden auf dem glatten Boden keinen Halt.

Stattdessen packte ich einen Tisch, auf dem ein Computer stand, und kippte ihn und lautem Gepolter und Geschepper vor die Tür. Hoffentlich würde es reichen. Ich wartete jedoch nicht ab, um es herauszufinden.

Keine dreißig Sekunden später, rannte ich auf der anderen Seite wieder durch die Gänge. Zimmer 314. 313. 312. Da! Ich hatte Junes Zimmer erreicht!

Als ich nach ihrem Türknauf griff, hoffte ich, dass der Raum abgeschlossen sei. Doch als ich ihn drehte, sprang die Tür sofort auf.

Ich schluckte. „June?“, fragte ich leise, während ich mich langsam in den Raum schob. „June, bist du da?“

Mit zittriger Hand tastete ich nach dem Lichtschalter.

Obwohl ich fast damit gerechnet hatte, war ich auf den Anblick nicht vorbereitet gewesen: Meine Freundin lag direkt vor mir am Boden. Ihre Augen starrten leer und ausdruckslos an die Decke. In ihrer Brust klafften mehrere tiefe Wunden.

Wahrscheinlich hatte Mr. Willson an die Tür geklopft, bevor er zugeschlagen hatte. Sie wurde von ihm völlig überrascht …

Dann fiel mein Blick auf ihr Handy, das neben ihrer schlaffen Hand lag. Hätte ich das Display eingeschaltet, hätte mir ein verpasster Anruf entgegengeleuchtet. Ein Anruf, den ich getätigt hatte, als June schon tot war. Ein Anruf, den sie nicht einmal mehr gehört hatte.

Als ich schwere Schritte hinter mir hörte, erstarrte ich. Acht Tote. Hatte das Medium das nicht gesagt? All die anderen Voraussagen waren eingetroffen, warum also nicht auch diese letzte? Zack, Owen, der Unbekannte, Jeffrey, Mary, Angela und June. Bisher waren es sieben Opfer und ich hatte keine Kraft mehr, wegzulaufen.

Doch stattdessen war da etwas anderes. Ein Funke, den ich zuvor nicht gespürt hatte. Eine Mischung aus Trauer und Wut.

Meine Hand schloss sich fester um den Baseballschläger, während ich den Schritten zuhörte, wie sie näher und näher kamen. Als sie schließlich fast bei mir waren, stieß ich einen lauten Schrei aus. Ich riss die Tür auf, sprang auf den Flur und donnerte den Schläger mit voller Wucht gegen Mr. Willsons Kopf.

Es war Zufall, dass ich ihn so gut getroffen hatte. Mit demselben dumpfen Geräusch, das der Baseballschläger machte, als er seine Schläfe traf, fiel Mr. Wilson zu Boden. Die Axt landete scheppernd neben ihm.

Langsam stellte ich mich über ihn. Er atmete schwer, sah mich aus entsetzten Augen an.

„E-Eric, bitte!“, flehte er. Seine Stimme klang wieder wie früher.

Doch es ließ mich kalt. Es war nicht fair, dass er überleben sollte, wenn meine Freunde tot waren. Der Funke in mir war inzwischen zu einem Feuer angeschwollen.

In meinem Kopf sah ich meine Freunde vor mir. Ich erinnerte mich an ihr Lächeln, an ihr Lachen, das ich nie wieder hören würde. Mit leerem Blick hob ich den Baseballschläger.

Acht Tote. Hatte das Medium das nicht gesagt? All ihre Voraussagen waren eingetroffen. Warum also nicht auch diese letzte?

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Die Legende:

Die Halloween Campus Murders (Englisch für „Halloween Campus Morde“), auch „Halloween Campus Killer“ oder „Halloween Campus Massacre“, sind eine urbane Legende, die in den letzten Jahrzehnten immer mal wieder in Amerika aufgekommen ist. Es löste bereits regelrechte Paniken an verschiedenen Universitäten in den USA aus.

Das Gerücht:

Auch wenn die Gerüchte sich in den verschiedenen Regionen und Jahren immer leicht unterschieden haben, war die Grundaussage fast immer gleich:

Ein berühmtes Medium soll in einer bekannten Fernsehshow vorausgesagt haben, dass es an Halloween an einer Uni, deren Standort häufig nur durch schwammige Details eingegrenzt wurde, einen Massenmord geben soll. Oft heißt es, dass die Morde in einem Studentenwohnheim stattfinden sollen.

Vor ihrem Tod 1997 wurde hierbei meist das berühmten Medium Jeane Dixon, der nachgesagt wird, das Attentat an John F. Kennedy vorausgesagt zu haben, als Medium genannt. Seit ihrem Tod ist meist nur noch von einem „berühmten Medium“ die Rede.

Auch die Fernsehshow wird häufig beim Namen genannt und soll oft eine bekannte Talkshow wie beispielsweise die Oprah Winfrey Show sein.

Die schwammigen Informationen, die das Medium angeblich über die betroffene Universität nennt, sind z. B., dass sie in einer bestimmten Region stehe, dass sich ein Friedhof, ein Gefängnis, ein Fluss, Bahnschienen o. Ä. in der Nähe des Studentenwohnheims befänden, dass der Name der Universität mit einem M oder W beginnen solle oder, dass der Grundriss des Studentenwohnheims H- oder U-förmig sei.

Außerdem wird oft eine genaue Opferzahl genannt, die das Medium angeblich voraussehen würde. Beliebte Zahlen hierbei sind 8, 9, 10, 12 oder 20 Opfer.

Täter:

Der Täter wird mal mehr mal weniger spezifisch beschrieben. Eine beliebte Version ist ein als Little Bo Peep verkleideter Killer. Es gibt aber auch Versionen in denen der Täter in Alltagskleidung auftreten oder ein anderes Kostüm tragen soll.

Darüber, wer genau der Täter sein soll, gibt es ebenfalls verschiedene Gerüchte. So soll es sich mal um einen Studenten handeln, oder aber um einen Professor, einen Angestellten oder einen Entflohenen einer Nervenheilanstalt oder eines Gefängnisses.

Sofern eine Tatwaffe erwähnt wird, handelt es sich fast immer um eine Axt oder ein Messer.

Typischer Ablauf:

Wenn sich das Gerücht erst einmal verbreitet hat, haben sich bisher immer mehrere Unis gefunden, zu denen die schwammige Ortsbeschreibung gepasst hat.

An diesen Unis hat sich dann über Tage und Wochen hinweg das Gerücht dank Mund zu Mund Propaganda gefestigt:

Mal habe ein Student oder der Freund eines Studenten die Show gesehen oder es wird verbreitet, dass – wenn jemand genauer nachforscht und herausfindet, dass es besagte Folge der Talkshow nie gegeben hat – die Folge für die Talkshow zwar aufgenommen, sie aber nie ausgestrahlt wurde, um eine Panik zu vermeiden.

Die Studenten verschärfen das Gerücht also selbst, bis die Leute tatsächlich anfangen, daran zu glauben.

Es ging bereits häufig so weit, dass (Ent-)Warnungen an die Eltern und Studenten geschickt wurden, viele Studenten über Halloween nach Hause gefahren sind oder sich zu Halloween im Wohnheim verbarrikadiert haben.

Tatsächliche Halloween Campus Murders, die das Gerücht bestätigt hätten, hat es in all den Jahren jedoch nie gegeben.

Ursprung:

Die ersten bekannten Gerüchte der Halloween Campus Murders kommen aus dem Jahre 1968, wo sie sich im Mittleren Westen der USA verbreitet haben. Wer das Gerücht in die Welt gesetzt hat oder aus welchem Grund, ist nicht bekannt.

Trotzdem gab es in späteren Jahren immer wieder ähnliche Gerüchte über Halloween Campus Murders, die sich wie ein Lauffeuer im Land verbreitet haben.

Und selbst heute noch kommt das Gerücht immer mal wieder auf. Trotz Internet und der Möglichkeit, schnell herauszufinden, dass es bereits in den vergangenen Jahrzehnten nicht mehr als eine urbane Legende war, kommt es in der Zeit um Halloween regelmäßig zu Paniken wegen eines angeblichen Killers in amerikanischen Universitäten.

Was haltet ihr von den Halloween Campus Murders? Mögt ihr diese Art von Halloweengerüchten oder lehnt ihr sie ab? Wie würdet ihr reagieren, wenn eure Uni wegen so etwas plötzlich in Panik verfallen würde? Schreibt es in die Kommentare!

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6 Kommentare

    • Jeremie Michels schreibt:

      „Murders“ bedeutet Morde, nicht Mörder. Aber er hat sich ja bloß selbst verteidigt und seine Freunde gerächt. Er wird jetzt also nicht anfangen, Leute zu ermorden, wenn du das meinst. ^^

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