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Hairy-armed hitchhiker Zeichnung von Jeremie Michels. Es ist dunkel. Aus der oberen linken Ecke kommt ein schwaches, gelbes Licht. Man sieht den Beifahrersitz eines Autos aus Sicht des Fahrers. Darauf sitz eine scheinbar alte Frau mit brauner Jacke, einer Lachsfarbenen Hose, weißen Handschuhen und einem großen weißen Hut, die eine Einkaufstüte in den Fußraum stellt. Bei näherer Betrachtung erkennt man an dem freien Handgelenk schwarze Haare, sowie Bartstoppeln an dem kaum sichtbaren Kinn.
Hairy-armed hitchhiker (2020)

Hairy-armed hitchhiker

Die hairy-armed hitchhiker Legende ist eine von vielen Legenden, die von Anhaltern handelt. Im Gegensatz zu der von mir bereits behandelten „Der verschwundene Anhalter“ Legende, ist diese im deutschsprachigen Raum jedoch fast völlig unbekannt.

Die Geschichte:

„Verdammter Mist“, fluchte ich. Der Stromausfall hatte mich völlig unerwartet erwischt.

Hätte das Licht nicht ein paar Minuten später ausfallen können, wenn ich im Auto saß oder es wenigstens schon gefunden hatte?

Meine kleine Taschenlampe spendete kaum genug Licht, um mich in der Parkgarage zurechtzufinden, geschweige denn, um mein Auto zu finden.

Es dauerte sicherlich fünf bis zehn Minuten, bis der rote Lack meines Wagens endlich im schwachen Licht aufblitzte.

Na endlich …

Erleichtert eilte ich zu ihm. Ich wollte gerade den Autoschlüssel ins Schloss stecken, als ich hinter mir ein Geräusch vernahm. Verunsichert fuhr ich herum. Ich leuchtete eine Frau an, die völlig unerwartet hinter mir stand und presste ich mich erschrocken an meine Autotür.

„Oh entschuldigen Sie, junge Frau“, krächzte sie. „Ich wollte Sie nicht erschrecken.“

Ich atmete erleichtert auf. Es war bloß eine ältere Dame. Sie trug eine braune Strickjacke und einem kitschigen, breiten Hut.

„Ich habe ihre Taschenlampe gesehen und wollte fragen, ob Sie mich nicht mitnehmen können? Es ist mir zu dunkel hier. Verstehen Sie?“

Obwohl ich Mitleid mit ihr hatte, bereitete mir irgendetwas an ihrer Stimme und der Art, wie die den Blickkontakt vermied, Unbehagen. Trotzdem erlaubte ich ihr, einzusteigen – ich war immerhin kein Unmensch, der eine alte Dame in der Dunkelheit stehenließ!

„Oh, das ist wirklich nett von Ihnen!“, dankte sie, als sie auf der Beifahrerseite einstieg.

Im Auto gab es endlich Licht.

Jetzt betrachtete ich die Frau genauer. Auch wenn sie den Blick immer noch gesenkt hatte und ich ihr Gesicht nicht richtig erkennen konnte, war sie mir irgendwie suspekt.

Sie trug unter der braunen Strickjacken eine weite beige Bluse mit kitschigem Muster und eine fürchterliche lachsfarbene Hose. Ihre Kleidung passte absolut nicht zusammen. Doch das Auffälligste waren ihre weißen Handschuhe, die dem Outfit ein letztes, völlig absurdes Sahnehäubchen aufsetzten.

Als sie ihre große, pinke Handtasche schließlich in den Fußraum stellte, wurde ich stutzig. Ihre Strickjacke war leicht nach oben gerutscht und hatte für einen kurzen Moment ihren Arm enthüllt … an dem sich lange, schwarze Haare befanden!

Das erklärte auch die seltsame Stimme. Sie klang … Ja. Sie klang wie jemand, der seine Stimme so verstellte, dass sie sich möglichst alt und krächzig anhörte. Das neben mir war überhaupt keine alte Frau!

„Ist etwas, Liebes?“, fragte ‚sie‘.

„Oh. Nein. Tut mir leid. Ihre Strickjacke – meine Oma hatte auch so eine!“, erwiderte ich mit einem warmen Lächeln, während ich fieberhaft überlegte, was ich jetzt tun sollte.

Aus dem Auto zu springen und loszurennen, war zu riskant. Der verkleidete Mann ging von der Größe her zwar definitiv als alte Frau durch, doch das sagte nichts über seine Sportlichkeit aus.

Ich hatte Pfefferspray im Auto, aber das lag im Handschuhfach. Ich müsste mich also zu ihm rüberbeugen und … nein! Das war zu riskant!

„Sitzen Sie bequem? Soll ich die Sitzheizung anmachen?“, fragte ich, um Zeit zu gewinnen.

„Nein danke. Es geht so“, lehnte der Mann mit seiner verstellten Stimme ab.

Was sollte ich bloß tun?! Da mir nichts anderes übrigblieb, startete ich den Motor.

Trotzdem mein Körper völlig angespannt war, versuchte ich mir nicht anmerken zu lassen, dass ich den Mann durchschaut hatte. Wer weiß, wie er dann reagieren würde?

Ich schaltete bewusst langsam und hielt wieder an, nachdem ich das Auto ausgeparkt hatte.

„Alles in Ordnung?“, fragte der Mann mit seiner verstellten Stimme.

„Würde es ihnen etwas ausmachen, nachzusehen, ob meine Bremslichter funktionieren?“, fragte ich mit trockener Kehle.

Der Mann schien nachzudenken. Hatte er bemerkt, dass ich seine Tarnung durchschaut hatte? Mein Puls stieg an.

‚Bleib ruhig, Steffi. Er darf dir jetzt nichts anmerken!‘

„Sie dürfen auch gerne meine Taschenlampe mitnehmen. Aber gehen Sie vorsichtig damit um. Sie ist ein Geschenk meiner besten Freundin“, log ich, um den Mann in Sicherheit zu wiegen.

Noch immer schwieg er. Mein Herz raste inzwischen, als würde ich einen Marathon laufen.

„Natürlich, Liebes“, sagte er endlich und nahm mir die Taschenlampe ab, die ich ihm hinhielt.

Ich klappte die Sonnenblende herunter und tat so, als würde ich meine Haare richten, während der Mann langsam ausstieg.

Die Tür ließ er zwar offen, aber das störte mich nicht weiter. Ich hatte ihn aus dem Auto locken können!

Als ich im Spiegel der Sonnenblende sah, dass der Mann hinter meinem Auto stand, ließ ich die Kupplung kommen und trat aufs Gaspedal. Der Motor heulte auf, während das Auto losraste. Die Beifahrertür knallte zu, doch rastete nicht richtig ein, weswegen das Licht im Auto nicht erlosch. Ich ignorierte es.

Im Rückspiegel sah ich, wie der Mann hinter mir herlief.

„Warten Sie!“, schrie er. Seine Stimme klang jetzt deutlich tiefer.

Ich konnte das schnelle Klackern seiner Stöckelschuhe sogar über den Motor hinweg hören. Dann fluchte er. Ich sah, wie er sich bückte und verlor ihn aus den Augen. Wahrscheinlich zog er die Schuhe aus.

Dank der Autoscheinwerfer konnte ich jetzt in der Tiefgarage problemlos navigieren. Ich fuhr eine Rampe nach oben, dann eine zweite, eine dritte. Jetzt war ich im Erdgeschoss. Ich fuhr geradeaus, bis ich endlich die Schranke erreichte.

Hektisch kurbelte ich das Fenster herunter, griff nach dem Parkschein und schob ihn in den Automaten. Nicht passierte.

„Verdammter Stromausfall!“, fluchte ich.

Was sollte ich jetzt tun? Hatte ich genug Zeit, die Schranke manuell zu öffnen?

Eine plötzliche Bewegung im Rückspiegel ließ mich zusammenfahren. Ich wusste nicht, ob es tatsächlich der Mann war, doch ich wollte es nicht darauf ankommen lassen. Mit voller Wucht bretterte ich durch die Schranke, die mit einem Knacken durchbrach, über meine Windschutzscheibe rollte und in der Dunkelheit hinter mir verschwand.

Es ist fast ein Wunder, dass ich keinen Unfall gebaut hatte, während ich über eine rote Ampel raste.

Ich hörte, wie ein Auto bremste und hupte. Doch ich hielt nicht an. Stattdessen fuhr ich schnurstracks zur Polizei.

Ein Beamter nahm meine Zeugenaussage auf, die jedoch keine große Hilfe war. Der Mann wurde nie gefunden.

Doch ein viel großerer Schock kam erst am nächsten Tag, als ich die Handtasche des Mannes fand, die er in den Fußraum gelegt hatte. In ihr war eine kleine, handliche Axt und mir läuft bis heute eine kalter Schauer den Rücken hinunter, wenn ich darüber nachdenke, was der Mann wohl mit mir vorgehabt hatte.

Die Legende

„The hairy-armed hitchhiker“ (englisch für „Der Anhalter mit behaarten Armen“), manchmal auch „The hairy-armed woman“ („Die Frau mit behaarten Armen“) genannt, ist eine im englischsprachigen Raum weit verbreitete urbane Legende.

Täter:

Der Täter der hairy-armed hitchhiker Legende ist ein Mann, der sich als Frau verkleidet hat.

Häufig heißt es, dass der Mann so tue, als wäre er eine sehr alte Frau, die per Anhalter mitfahren wolle. Er trägt hierzu passende Kleidung, eine Perücke und hat meist eine Handtasche dabei.

Je nach Legende besitzt die „alte Frau“ Bartstoppeln, starke Beinbehaarung, sehr große Füße und in fast allen Fällen stark behaarte Arme.

Ablauf:

Von der hairy-armed hitchhiker Legende gibt es mehrere Versionen, die sich mal mehr mal weniger stark unterscheiden.

Die meisten von ihnen beginnen entweder auf offener Straße oder auf dem Parkplatz eines Einkaufszentrums.

Die Protagonistin ist eine Frau, die in ihrem Auto sitzt oder sich auf dem Weg dorthin befindet, als sie einer älteren Dame begegnet, die sie darum bittet, als Anhalter mitfahren zu dürfen. Die ältere Dame nennt hierbei Vorwände wie z.B., dass ihr Einkauf ihr zu schwer wäre, sie sich nicht gut fühle oder es einen Stromausfall gibt, bei dem sie Schwierigkeiten habe, nach Hause zu finden.

Die Fahrerin bemerkt jedoch kurz darauf, dass die ältere Dame behaarte Arme oder Hände besitzt (selten auch Bartstoppeln oder behaarte Beine). Von hier an unterscheiden sich die meisten Versionen der Geschichte.

Variante 1:

Nachdem die Frau die behaarten Arme bemerkt hat, bittet sie sie, nach ihren Brems- oder Rücklichtern zu sehen, da diese nicht immer richtig funktionieren und sie nicht angehalten werden wolle.

Die vermeintliche Dame willigt ein und die Frau rast los, sobald sie das Auto verlassen hat.

Später bemerkt sie die Handtasche bzw. Einkaufstüte der Frau, die noch im Auto liegt. In ihr befindet sich eine Axt oder ein Messer – in seltenen Fällen sogar eine Schusswaffe.

Variante 2:

Die ältere Dame ist der Frau von vornerein suspekt, weswegen sie das Losfahren herauszögert. Sie bemerkt die behaarten Arme und nennt einen Vorwand, weswegen sie noch einmal zurückmüsse (z.B. da sie etwas vergessen habe). Sie wendet sich an einen Sicherheitsmann des Einkaufszentrums oder ruft die Polizei.

Gemeinsam kehren sie zu Auto zurück, wo von der Dame jede Spur fehlt. Sie bemerken nur noch die Tasche mit einer Axt (oder anderen Waffe) darin im Fußraum oder auf der Rücksitzbank.

Variante 3:

Die Frau ist bereits gemeinsam mit der älteren Dame losgefahren, als sie die haarigen Arme bemerkt. Sie baut daraufhin absichtlich einen leichten Unfall und bittet die Person, die am Unfall beteiligt ist, die Polizei zu rufen oder ihr zu helfen.

Als sie zum Auto zurückkehren, ist die ältere Dame bereits verschwunden und sie finden nur noch ihre Tasche mit der Waffe.

Variante 4:

Die Frau sieht einen Streifenwagen – z.B., als ein anderes Auto am Straßenrand kontrolliert wird – und springt aus dem Auto.

Als sie der Polizei erklärt hat, was überhaupt los ist, hat sich die vermeintliche ältere Dame bereits aus dem Staub gemacht. Die Polizei bemerkt bei der Suche nach Beweisen die Waffe in der Handtasche oder Einkaufstüte, die die Dame im Auto zurückgelassen hat.

Ort des Geschehens:

Ursprünglich war der Ort des Geschehens von „The hairy-armed hitchhiker“ in Leeds, West-Yorkshire, England. Dort wurde die vermeintliche alte Frau auf offener Straße aufgelesen.

In neueren Versionen wechselt der genaue Ort häufig mit dem Erzähler. Auch heißt es heutzutage häufig, dass die „alte Frau“ auf dem Parkplatz eines Einkaufszentrums gewesen sei.

Ursprung:

Legenden über einen verkleideten Räuber, die der hairy-armed hitchhiker Legende sehr ähnlich sind, gab es sowohl in England als auch den USA angeblich bereits zu Anfang des 19. Jahrhunderts.

Die moderne Version soll ihren Ursprung hingegen erst 1977 in Leeds, England haben. Zur damaligen Zeit gab es eine generelle Panik in Yorkshire (wo auch Leeds liegt), da ein Serienmörder – Peter Sutcliffe, besser bekannt als „Yorkshire Ripper“ – dort sein Unwesen trieb.

Obwohl der Yorkshire Ripper keine Ähnlichkeiten mit dem Täter aus der hairy-armed hitchhiker Legende hatte, war es wohl kein Zufall, dass die Legende zu der Zeit entstanden ist.

Sogar die Zeitung Yorkshire Evening Post verfasste einen Artikel über die Gerüchte. Übersetzt lautet der Artikel etwa wie folgt:

Eine außergewöhnliche Geschichte macht ihre Runden in Leeds und selbst die größten Bemühungen erfahrener Journalisten haben es nicht geschafft, ihre Echtheit zu bestätigen oder zu widerlegen.

Sie wird immer in allen Einzelheiten erzählt und die Frau in der Geschichte soll häufig in einem Krankenhaus oder einer Bank arbeiten.

Der Geschichte nach stieg die Frau während eines Stromausfalls in ihr Auto, als sie von einer älteren Dame angesprochen wurde, die sie darum bat, sie nach Hause zu bringen, da sie ihren Weg in der Dunkelheit nicht finden könne.

Die Frau willigte ein und die Fremde legte ihre Einkaufstüte auf die Rücksitzbank, nachdem sie eingestiegen war.

Die Frau bemerkte dabei jedoch, dass die Hand, die die Einkaufstüte hielt, groß und haarig war.

Sie reagierte schnell und bat die Fremde, auszusteigen und zu kontrollieren, ob das Rücklicht richtig funktioniere, da es Probleme machte und sie nicht angehalten werden wolle.

Als die Fremde ausgestiegen war, gab die Frau Gas und fuhr in die Nacht hinein.

Später, so heißt es, soll die Frau herausgefunden haben, dass sich in der Einkaufstüte auf dem Rücksitz eine Axt befand.“ (Yorkshire Evening Post, 11. November 1977)


Was haltet ihr von der hairy-armed hitchhiker Legende? Kanntet ihr sie bereits oder habt ihr schon einmal eine ähnliche Legende gehört? Wie hättet ihr reagiert, wenn ihr die behaarten Arme eures Anhalters bemerkt hättet? Schreibt es in die Kommentare!

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