Das Wörtherseemandl bzw. die Sage vom Wörthersee ist eine eher ruhigere Legende. Sie ist nicht wirklich gruselig, aber gefällt mir trotzdem genug, um einen Beitrag über sie zu schreiben.
Auf die Legende haben mich zwei Lehrerinnen aus Wien aufmerksam gemacht, die eine meiner Geschichten für ein Arbeitsblatt in ihrem Unterricht verwendet haben. (Liebe Grüße, falls Sie das hier lesen sollten! 😄)
Übrigens könnten euch einige der Charaktere bekannt vorkommen. Sie sind aus meinem Romanmanuskript und ich freue mich immer, sie in meinem Blog einbringen zu können, wenn ich schon keine Zeit habe, an meinem Buch weiterzuarbeiten.
Jetzt aber viel Spaß beim Lesen!
Triggerwarnungen (Achtung Spoiler!)
Tod
Inhalt
Die Geschichte:
„Das ist doch scheiße!“, schimpfte Natalie leise. Ich konnte im Halbdunkel erkennen, wie sie genervt ihren Kopf auf ihr Kissen fallenließ.
„Was denn?“, flüsterte Luna zurück. Sie lag im Bett über Natalie, sodass sie nicht sehen konnte, wie Natalie mit entnervtem Blick nach oben blickte.
„Klagenfurt“, sagte sie. „Wer fährt denn bitte auf eine Klassenfahrt nach Klagenfurt? Wenn wir schon nach Österreich fahren, dann doch wenigstens nach Wien. Da kann man in seiner Freizeit immerhin shoppen gehen!“
„Ach, die Stadt sah doch auch ganz nett aus“, versuchte Luna, sie zu beschwichtigen. „Und sie ist nicht gerade klein. Ich bin sicher, es gibt hier auch ein Shoppingscenter oder eine Ladenzeile.“
Sie verstand es nicht. Es ging Natalie eher ums Prinzip. Wien kannte jeder. Aber wer konnte schon mit Stolz sagen, dass er auf einer Klassenfahrt in Klagenfurt gewesen war? Luna würde schon noch lernen, wie unsere kleine Prinzessin so tickt.
Ich schmunzelte. Natalie würde mir wohl den Kopf abreißen, wenn sie wüsste, dass ich sie gerade in Gedanken ‚unsere kleine Prinzessin‘ genannt hatte. Aber was soll ich sagen? Es passte irgendwie. Sie wurde schnell eingeschnappt, wenn sie nicht ihren Willen bekam. Und meist kam sie damit durch. Wahrscheinlich, weil sie das schönste Mädchen der Klasse war.
Sie ging dazu über, unseren Klassenlehrer Herrn Pritschmann nachzuäffen. „Morgen gehen wir an den Wörthersee. Das wird euch gefallen, Kinder“, sagte Natalie mit dümmlich verstellter Stimme.
Jetzt mischte sich auch Lisa ein. Sie war meine beste Freundin und lag in dem Bett über mir. „Leute, es ist doch nicht so schlimm. Und über den Wörthersee gibt es eine alte, in dieser Gegend sehr bekannte Legende. Wenn ihr wollt, erzähl ich sie euch. Jenny, bist du noch wach?“
Ich saß sofort aufrecht im Bett. „Ja!“, antwortete ich schnell. Ich liebte Lisas Geschichten und wusste, dass es Natalie genauso ging. Das würde sie zumindest etwas aufheitern.
„Also gut. Wir brauchen einen Protagonisten“, sagte Lisa. „Nennen wir ihn … Rudolf.“
„Wieso Rudolf?“, fragte Luna verwirrt dazwischen.
Normalerweise hätten wir sie für die Unterbrechung mit mahnenden Blicken gestraft, aber wir drückten bei ihr ein Auge zu. Immerhin war sie gerade einmal ein paar Monate in unserer Klasse. Sie kannte Lisas berühmte Geschichten noch nicht.
„Schh!“, zischte Natalie ihr leise zu. „Lass sie erzählen!“
„Also Rudolf“, fuhr Lisa unbeirrt fort. „Rudolf wohnte in einer Stadt, die früher hier ganz in der Nähe gestanden hat. Ihr Name ist mit der Zeit in Vergessenheit geraten, aber man weiß, dass die Bewohner besagter Stadt über unverschämte Reichtümer verfügten. Ob ihr es glaubt oder nicht: Es gab in der Stadt keine Armut. Fast jeder Mensch war reich.
Aber so reich die Menschen auch waren, so eingebildet, rücksichtslos und gierig waren sie auch. Es verging kaum ein Tag, an dem nicht gefeiert und – anders kann man es nicht nennen – gefressen wurde. Trotzdem warfen die Menschen so viel Essen weg, dass ganze Dörfer davon hätten satt werden können. Daran, etwas abzugeben, dachte hingegen niemand. Kurz: Es war eine sehr reiche, aber auch sehr sündige Stadt.
Besonders verpönt war zu damaliger Zeit jedoch, dass die Leute von ihrem Glauben abgefallen waren. Damals, als Gott für die Menschen noch so wichtig war, Ketzer erhängt wurden, gab es eine ganze Stadt in Österreich, die nicht mehr an Gott glaubte.
So ging es auch Rudolf. Er war reich, er war glücklich und er war sündig. Sicherlich war er nicht der schlimmste Mensch der Stadt. Er hatte viele Freunde, liebte seine Verlobte Helene über alles und war nicht so gierig wie die meisten seiner Nachbarn. Trotzdem ließ er sich keine Gelegenheit entgehen, zu feiern.
Eine dieser Gelegenheiten ergab sich am Vorabend von Ostern. Ein sehr heiliges Fest, immerhin soll dort der Kreuzigung und Wiederauferstehung von Jesus gedacht werden. Aber die Bewohner der Stadt hatten nur eines im Sinn: feiern. Sie tanzten, sauften und fraßen, ohne auch nur einen Gedanken an Jesus zu verschwenden. Der Grund für die Feier – oder sollte ich eher sagen der Vorwand – war den Leuten völlig egal.
Es gab jedoch an jenem Abend einen Menschen in der Stadt, ein Wesen, dem das nicht passte. Niemand weiß, wo es herkam, ob es Befehlen folgte oder aus eigenen Gründen handelte. Einige sagen sogar, es wurde von Gott geschickt. Man kennt es unter dem Namen das Wörtherseemandl – das Wörtherseemännlein.
Rudolf, unser Protagonist, war in einen wilden Tanz mit Helene vertieft. Runde um Runde tanzten, sprangen und wirbelten sie durch den Saal, als das große Eingangstor des Festsaales langsam aufgehievt wurde.
Die meisten Einwohner bemerkten es nicht einmal, waren zu betrunken oder zu abgelenkt, aber die Leute, die es sahen, brachen in Spott und Gelächter aus. Ein kleiner Mann, der den Leuten nicht einmal bis zur Hüfte reichte, obwohl er, wie man an seinen grauen Haaren und dem Bart deutlich erkennen konnte, ein Erwachsener war, trat in den Saal und sah die Feiernden der Reihe nach an.
Einer der Männer trat vor, während er das Männlein von oben bis unten musterte. ‚Wir wollen keine Bettler. Geh nach Hause, Großväterchen!‘, rief er laut, sodass jeder es hören konnte.
Die Bewohner brachen in schallendes Gelächter aus. Sogar Rudolf, der sich sonst zurückhielt, musste schmunzeln, während seine Verlobte neben ihm alles andere als damenhaft mitjohlte.
Das Wörtherseemandl hingegen verzog nicht eine Miene. Es trat entschlossen einen Schritt auf die Feiernden zu und sagte mit ungewöhnlich lauter Stimme, die durch den gesamten Saal hallte: ‚Wisst ihr nicht, welcher Tag morgen ist? Ist euch denn nichts mehr heilig? Kehrt um in euren Wegen! Tut Buße und wendet euch wieder Gott zu!‘
Für einen Moment herrschte Stille im Saal. Nur die Musiker spielten unablässig weiter ihre Musik. Dann brach ein ohrenbetäubendes Gelächter aus. Aus allen Richtungen hallte es durch die große Halle. Es schien gar nicht mehr enden zu wollen.
Erst, als derselbe Mann wie zuvor das Wort ergriff, ebbte es ab: ‚Wenn du beten willst, Großväterchen, nur zu. Leiste unserem Pfarrer Gesellschaft. Aber lass mich dir sagen, dass der alte Trunkenbold gerade auch lieber hier bei uns wäre!‘
Das Gelächter erhob sich von Neuem. Inzwischen stimmte auch Rudolf mit ein. Er sah dem Wörtherseemandl an, dass es etwas sagen wollte, doch die Leute ließen es nicht zu Wort kommen. Jedes Mal, wenn es den Mund öffnete, begann das Gelächter erneut. Die Leute schrien und jubelten.
Als es ihm schließlich zu blöd wurde, drehte sich das Wörtherseemandl wortlos um und verließ, begleitet von lauten Pfiffen, den Saal.
Es dauerte nicht lange, bis die Feiernden, die sich allesamt neugierig beim Eingang zusammengefunden hatten, wieder auseinanderstieben. Sie verloren das Interesse, jetzt wo das Männlein weg war, und widmeten sich wieder ihrem Essen, ihren Gesprächen, ihrem Tanz oder ihrem Alkohol. So war es auch mit Rudolf und Helene. Sie tanzten weiter fröhlich ihre Runden, als wäre nichts gewesen. Der seltsame Unruhestifter war bald wieder vergessen.
Der weitere Abend verlief ohne besondere Vorkommnisse. Einige Leute hatten zu viel getrunken und fingen fast einen Streit an, aber ansonsten blieb alles ruhig. Zumindest, bis um kurz vor Mitternacht plötzlich der Klang von Kirchenglocken in den Festsaal drang. Es läutete zur mitternächtlichen Ostermesse. Natürlich dachte noch immer niemand daran, das Fest zu verlassen, um in die Kirche zu gehen. Ganz im Gegenteil: Einige Leute befahlen sogar den Musikern, lauter zu spielen, damit sie die störenden Glocken nicht länger hören müssten.
Das war der Moment, als das Wörtherseemandl zurückkehrte. Wieder hievte es unter scheinbar größter Mühe das Tor auf. Diesmal trug es jedoch ein kleines Fässchen unter dem Arm, was dafür sorgte, dass einige Gespräche überrascht verstummten.
‚Ahh, Großväterchen. Du bist zurück‘, rief eine bekannte Stimme. ‚Und wie ich sehe, hast du ein Geschenk mitgebracht. Möchtest du lieber mit uns trinken, statt deine Zeit mit deinem Gott zu verschwenden?‘
Das Gelächter von Betrunkenen erfüllte den Saal. Inzwischen war kaum noch jemand nüchtern.
Doch das Wörtherseemandl sah nur mit eisernem Blick in die Runde. ‚Ich warne euch ein letztes Mal‘, rief es. ‚Ignoriert nicht die Glocken, die zur Mette läuten! Kehrt um! Lasst ab von Völlerei und anderen Sünden, sonst trifft euch Gottes Zorn!‘
Ihr könnt euch sicher denken, was geschah: Die Leute nahmen das Wörtherseemandl nicht ernst. Sie spotteten weiter, hielten seine Worte für leere Drohungen. Vor Gott fürchtete sich in der Stadt schon lange niemand mehr. Und so kam es, wie es kommen musste. Um Punkt Mitternacht, als die Kirchenglocken zu läuten aufhörten, drehte das Wörtherseemandl den kleinen Hahn an seinem Fässchen auf, legte es auf den Boden und rannte mit seinen kurzen Beinen hastig aus dem Saal. Das schwere Tor schloss es hinter sich.
Die Leute sahen einander irritiert an. Auch Rudolf und Helene blickten einander irritiert in die Augen. Sie verstanden nicht so recht, was gerade geschehen war. Wieso war das kleine Männlein weggerannt? Wieso hatte es sein Fass liegengelassen, aus dem jetzt Wasser lief, das eine immer größer werdende Pfütze auf dem Boden bildete?
Erst, als das Wasser sich rasant immer weiter und weiter ausbreitete – viel mehr, als in das kleine Fässchen gepasst hätte –, begann Rudolf zu verstehen, dass gerade etwas Übernatürliches, etwas Göttliches geschah.
Aber auch, wenn er einer der Ersten war, der es begriff, war es bereits zu spät. Es kamen solche Wassermassen aus dem Fass, dass die Feiernden innerhalb kürzester Zeit knöcheltief im Wasser standen. Überraschte Ausrufe. Dann Schreie. Plötzlich stoppte die Musik und die Menschen rannten wild durcheinander. Einige fielen sogar auf die Knie und beteten. Sie beteten das erste Mal seit vielen Jahren.
Noch bevor Rudolf und Helene das Eingangstor erreichen konnten, brach Panik aus. Auch in Richtung Hinterausgänge strömten jetzt Menschenmassen. Rudolf schaffte es gerade noch, Helene beiseitezuziehen, bevor sie von einer anströmenden Gruppe Betrunkener umgerissen werden konnte.
Bald erkannte er, dass die anderen es nicht schafften, die Tore zu öffnen. Irgendetwas musste sie blockieren. ‚Schnell! Wir müssen nach oben! Weg von dem Wasser!‘, rief er.
Helene nickte stumm. Nach oben klang nach einem Plan. Sie war jedoch nicht die Einzige, die es gehört hatte. Auch war sie nicht die Einzige, die sich angesprochen fühlte. Innerhalb kürzester Zeit rannte eine weitere Menschenmasse in Richtung Treppe, Rudolf und Helene sehr dicht auf den Fersen.
Das Wasser, das ihnen bereits zu den Hüften reichte, wurde aufgewirbelt. Es plätscherte, klatschte. Aus allen Richtungen waren Schreie zu hören. Irgendwo erklang ein Gurgeln, das schnell in der Geräuschkulisse unterging. Das Wasser spritzte in alle Richtungen, während sie um ihr Leben rannten.
Ich sollte dazu erwähnen, dass weder Rudolf noch Helene schwimmen konnten. Genauso wenig wie die meisten anderen Anwesenden.
Aber unser Protagonist und seine Verlobte schafften es. Sie erreichten die Treppe, ohne zu stürzen und von der panischen Menschenmasse hinter ihnen niedergetrampelt zu werden. Trotzdem waren sie noch lange nicht in Sicherheit. Nicht nur war ihnen noch immer eine vollkommen rücksichtslose Meute Betrunkener, die nur noch an ihr eigenes Leben dachten, auf den Fersen, das Wasser stieg noch immer unaufhörlich weiter. Es war, als würde es ihnen folgen, während sie die Treppen nach oben sprinteten.
‚Auf der Südseite steht ein Baum. Vielleicht können wir darüber nach draußen klettern‘, sagte er zu seiner Verlobten, diesmal darauf bedacht, dass nur sie ihn hörte. So sehr er die anderen auch retten wollte, das Leben seiner Verlobten war ihm wichtiger.
Also sprinteten sie zu den Fenstern auf der Südseite. Aber was sie dort sahen, ließ ihnen die Herzen schwer werden: Draußen herrschte völliges Chaos. Das Wasser war nicht nur in dem Gebäude, sondern auch außerhalb. Die ganze Stadt stand unter Wasser. Sie konnten die Leichen von ihren Freunden und Nachbarn in den Straßen schwimmen sehen. Und auch draußen stieg das Wasser unaufhörlich weiter. Erst jetzt verstanden sie wirklich, was das Wörtherseemandl mit dem Zorn Gottes gemeint hatte.
Ich könnte jetzt beschreiben, wie die beiden einander umarmten, als das Wasser sie erreichte, wie sie einander unter Tränen einen letzten Kuss gegeben hatten. Ich könnte erzählen, wie sie ertranken. Wie sie verzweifelt versuchten, sich an der Oberfläche zu halten, während das Wasser ihre Lungen füllte. Aber ich denke, ihr könnt es euch ganz gut vorstellen.
Die Wassermassen hörten und hörten nicht auf, aus dem kleinen Fässchen zu fließen. Selbst, als auch das größte Haus, der höchste Turm unter der Wasseroberfläche verschwunden war, stieg es noch weiter.
Kein einziger der Bewohner hat überlebt. Die ganze Stadt ist in jener Osternacht ertrunken und zurück blieb nur ein Gewässer: Der See, den wir heute als Wörthersee kennen. An manchen Tagen, so heißt es, soll man noch heute vom Grund des Sees das Läuten der Kirchenglocken hören.“
Bleibt auf dem Neusten Stand und folgt mir auf:
Die Legende:
Das Wörtherseemandl (Dialekt für „Wörterseemännlein“) ist eine österreichische Sagengestalt. Der Legende nach ist es für die Entstehung des Wörthersees verantwortlich.
Aussehen:
Das Wörtherseemandl ist ein kleiner alter Mann. Genauer wird es häufig nicht beschrieben. Manchmal ist aber von grauen Haaren oder einer Glatze die Rede.
Eine bekannte Statue von ihm zeigt das Wörtherseemandl als einen sehr kleinen dicken Mann mit Bart.
Ansonsten ist es relativ gewöhnlich, was seine Frisur und seinen Kleidungsstil anbelangt.
Im späteren Verlauf der Sage trägt es ein kleines Holzfass bei sich.
Ablauf der Sage:
Wann genau die Sage stattgefunden haben soll, ist nicht bekannt. Es ist jedoch oft von „vor Urzeiten“, „vor vielen hundert Jahren“ oder sogar von „vor tausenden Jahren“ die Rede.
Damals soll im Süden Österreichs eine reiche Stadt gestanden haben. Die Bewohner der Stadt waren jedoch keine gläubigen, in einigen Erzählungen sogar sündige Menschen. Sie sollen oft gefeiert, gesoffen, aber niemals gebetet oder auch nur an Gott gedacht haben.
Ähnlich war es an einem Abend – entweder der Vorabend von Ostern oder von Weihnachten –, an denen sie ein großes Fest feierten. Sie tranken, tanzten und feierten, schenkten dem herannahenden Feiertag jedoch weder Beachtung, noch zollten sie ihm Respekt.
Das war der Moment, als das Wörtherseemandl das erste Mal auftauchte. Es betrat den Festsaal und erntete sofort Spott für sein Aussehen. Als es die Leute warnte, sie sollen zu ihrem Glauben zurückkehren und sich dem Tag entsprechend verhalten, erntete es nur noch mehr Gelächter. Die Leute ignorierten es und tanzten fröhlich weiter, bis es den Festsaal grimmig wieder verließ.
Der restliche Abend verlief ohne besondere Vorkommnisse. Die Leute vergaßen das Wörtherseemandl schnell und tanzten ausgelassen weiter. Erst um kurz vor Mitternacht, als die Kirchenglocken zur Mette läuteten – einem mitternächtlichen Gottesdienst – kehrte das Wörtherseemandl in den Saal zurück. Diesmal trug es ein kleines verschlossenes Fass unter dem Arm.
Wie auch beim ersten Besuch zog es schnell die Aufmerksamkeit auf sich. Es warnte die Leute, dass sie umkehren und Buße tun müssten, da sie sonst alle dem Tode geweiht seien. Wieder erntete es nur Spott und Gelächter.
Schließlich kam es, wie es kommen musste. Als die Kirchenglocken um Punkt Mitternacht zu schlagen aufhörten und niemand auch nur im Traum daran dachte, der Mette beizuwohnen, verschwand das Wörtherseemandl spurlos. Nur sein kleines Fässchen ließ es zurück, das es vorher geöffnet hatte. Aus der Öffnung strömten sofort scheinbar unerschöpfliche Wassermassen.
Endlich sahen die Menschen ihren Fehler ein. Sie fielen auf die Knie und beteten. Andere versuchten zu fliehen. Aber es war zu spät: Das Wasser füllte schnell den Saal. Es versenkte in kürzester Zeit die gesamte Stadt mit all ihren Bewohnern und schuf dabei den Wörthersee.
Ort des Geschehens:
Die Legende soll sich dort zugetragen haben, wo heute der Wörthersee liegt. Also im österreichischen Bundesland Kärnten.
Ursprung:
Die Legende vom Wörthersee ist eine alte christliche Sage. Wie alt sie genau ist, habe ich nicht herausfinden können. Die erste schriftliche Aufzeichnung, die ich finden konnte, stammt von Johann R. v. Gallenstein aus dem Jahr 1837.
Eine versunkene Stadt existiert hingegen nicht auf dem Grund des Sees. Davon abgesehen ist der Wörthersee älter als das Christentum selbst. Sollte die Legende also einen wahren Kern haben, war der Ort des Geschehens nicht der Wörthersee.
Außerdem weist die Sage mehrere Logikfehler auf. Wenn wirklich niemand von der Feier zur Einsicht kam und alle Augenzeugen ertrunken sind, wer hat dann von dem Wörtherseemandl erzählen können? Und was ist mit den wenigen gottesfürchtigen Leuten, die damals in der Stadt gelebt haben? Mindestens ein Mensch muss schließlich die Kirchenglocke zur Mette geläutet haben. Sind sie auch ertrunken, wenn doch angeblich alle Bewohner der Stadt in den Fluten umgekommen sind?
Sieht man über diese kleineren Fehler und offenen Fragen hinweg, ist die Sage über die Entstehung des Wörthersees aber eine nette kleine Legende.
Was haltet ihr von der Legende des Wörthersees? Habt ihr schon einmal von dem Wörtherseemandl gehört? Schreibt es in die Kommentare!
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