Der Allghoi Khorkhoi, auch Mongolischer Todeswurm genannt, ist das erste Wesen aus der Mongolei, über das ich geschrieben habe.
Leider hat sich mein Beitrag etwas verzögert, weil ich gleich zweimal krank geworden bin, zwei Wochen Urlaub hatte und dann auch noch den Anfang insgesamt viermal neuschreiben musste, ehe ich damit zufrieden war. Trotzdem hoffe ich, dass euch die Geschichte gefällt und wie immer …
Viel Spaß beim Gruseln!
Triggerwarnungen
– Tod
– Tod mehrerer Tiere (Todeswürmer)
Inhalt
Die Geschichte:
„Wir müssen hier weg!“, brüllte Stefan uns über den Regen an. „In wenigen Minuten wimmelt es hier von diesen Dingern!“
Meine Glock noch immer fest umklammernd, wagte ich einen Blick über den schützenden Felsen. Dort lag Bens Leiche bei unseren Zelten. Der Regen hatte den gelben Schleim von seinem Körper bereits fast vollkommen weggespült. Auch sah ich den toten Wurm einige Meter weiter liegen. Dick wie ein menschlicher Arm. Aber das war noch nicht alles. Stefan hatte recht: An diversen Stellen konnte ich Bewegungen unter dem nassen Sand erkennen.
„Woher weißt du so viel über die Würmer?“, schrie ich, während ich den Kopf wieder einzog. „Ich dachte, sie seien nur ein Mythos!“
„Ich erforsche die Allghoi Khorkhoi seit einigen Monaten. Aber wartet mit den Fragen bitte, bis wir in Sicherheit sind. Jetzt ist nur wichtig, dass ihr die Würmer oder ihren Speichel auf gar keinen Fall berührt!“ Wer auch immer dieser Typ war, er war ganz sicher kein Elektriker!
Aber vielleicht sollte ich euch erst einmal erzählen, wie ich überhaupt in diese Situation gekommen war.
Alles hatte mit einem Anruf von Sandra begonnen. Sie war die Leiterin eines Paläontologenteams und eine ehemalige Schulfreundin von mir.
„Tobias? Bist du das?“, meldete sie sich am Telefon. „Hier ist Sandra. Du weißt schon, aus der Schule? Wir haben uns letztes Jahr beim Klassentreffen gesehen.“
Wir unterhielten uns eine Weile, ehe sie schließlich zum Punkt kam.
„Du arbeitest doch im Personenschutz? Als Bodyguard und sowas?“, hatte sie gefragt.
„Richtig. Du brauchst einen Bodyguard? Einen Türsteher? Vielleicht auch nur einen Nachtwächter oder jemanden, der auf dein Haus aufpasst? Ich bin dein Mann“, sagte ich stolz. „Ich bin ziemlich sicher, dass einer meiner ehemaligen Kunden sogar ein Mafioso war.“ Viele Leute fanden meinen Beruf genauso spannend, wie ich selbst.
Das war jedoch nicht das, worauf Sandra hinauswollte. „Ich könnte deine Hilfe gebrauchen“, unterbrach sie mich. „Arbeitest du auch im Ausland? In der Wüste Gobi in der Mongolei, um genau zu sein? Die Reisekosten würde ich selbstverständlich übernehmen.“
Erst war ich verwirrt. Wozu brauchte ein Paläontologenteam, eine Gruppe gewöhnlicher Dinosaurierforscher, einen Bodyguard? Und dann auch noch in der Mongolei, einem der sichersten Länder in ganz Asien.
Als Sandra mir jedoch von den seltsamen Anrufen und E-Mails erzählte, die sie in den letzten Wochen bekommen hatte, ergab das Ganze allmählich mehr Sinn. Eine der E-Mails leitete sie mir sogar weiter. Der Absender behauptete darin, der Boden bei ihrer geplanten Ausgrabungsstätte sei verseucht und sie solle lieber noch zwei, drei Monate warten, ehe ihr Team dort mit den Ausgrabungen beginne.
Es klang alles ziemlich an den Haaren herbeigezogen. Und wie sich herausstellte, war es das auch. Weder wussten die örtlichen Behörden davon, noch wies der Boden bei der Ausgrabungsstelle irgendwelche Besonderheiten auf. Sandra hatte selbst Proben entnommen und ihn getestet. Irgendwer schien sie also an den Ausgrabungen hindern zu wollen und sie hatte keine Ahnung, warum.
Als sie mir dann auch noch versprach, mir neben den Reisekosten ein Gehalt zu bezahlen, willigte ich schließlich ein. Und so flog ich, etwas über eine Woche später, in die Mongolei.
Hier habe ich dann auch die drei anderen Forscher aus Sandras Team, Anne, Ben und Chris sowie Stefan, der die Ausgrabung als Tourist begleitete, kennengelernt.
Letzteren beobachtete ich gerade dabei, wie er auf seinem Campingstuhl saß und Sandras Team bei der Arbeit zusah.
„Schaut mal! Schaut mal!“, rief Sandra uns plötzlich zu. Sie deutete auf einen annähernd ovalen Stein, den sie in einer Felswand freigelegt hatte. „Was ihr hier seht, ist nichts anderes als ein waschechtes Dinosaurierei! Wusstet ihr, dass hier in der Wüste Gobi die ersten fossilen Dinosauriereier der Welt gefunden wurden? Der Abenteurer Roy Chapman Andrews hat sie vor etwas über 100 Jahren bei seinen Ausgrabungen entdeckt. Dadurch haben Wissenschaftler überhaupt erst herausgefunden, dass Dinosaurier Eier legen!“
Ich hatte keine Ahnung, wie man sich so sehr für ein paar langweilige Steine begeistern konnte. Für mich war die Gegenwart sehr viel spannender.
Und auch Stefan sah ziemlich gelangweilt aus, während die Paläontologen ihn mit kindlicher Begeisterung zu sich winkten, um ihm das Ei aus der Nähe zu zeigen.
Ich schmunzelte. Zu Anfang fand ich Stefan noch verdächtig. Auch wenn Sandra mir erklärt hatte, dass sie häufiger neugierige Touristen mit zu den Ausgrabungen nahmen, fand ich es auffällig, dass es ausgerechnet bei dieser passieren musste, wo doch die letzten Wochen irgendwer versucht hatte, sie zu sabotieren.
Also hatte ich mich eines Nachts in Stefans Zelt geschlichen. Ich war mehr als nur angespannt gewesen, hatte auf jede seiner Bewegungen, jede noch so kleine Abweichung in seiner Atmung geachtet, während ich systematisch seine Sachen durchsuchte.
Aber tatsächlich fand ich nichts von Bedeutung, abgesehen von einem recht hochwertigen Mitarbeiterausweis und einigen Visitenkarten in seinem Portemonnaie. Sie wiesen ihn als Mitarbeiter einer Elektrikerfirma namens Lighthouse aus – nicht gerade jemand, der irgendein Interesse daran haben könnte, eine Ausgrabung zu verhindern. So dachte ich jedenfalls.
Auf jeden Fall betrachtete ich den Elektriker danach mit deutlich weniger kritischen Augen. Und so amüsierte mich seine Langeweile mehr, als dass sie mich hellhörig machte. Wahrscheinlich hatte er sich auf einen abenteuerreichen Indiana-Jones-Urlaub gefreut und saß jetzt hier, umgeben von nichts als Felsen, Wüste und einer Gruppe Paläontologen, die sich wie kleine Kinder freuten, wenn sie irgendwelche besonderen Steine fanden.
So verlief mein aktueller Auftrag einige Tage fast völlig ereignislos. Ich war bereits kurz davor, meine Reise in die Mongolei als bezahlten Urlaub abzutun, als am fünften Tag der Ausgrabungen plötzlich Wolken aufzogen. Es sah nach ziemlich heftigem Regen aus. Und auch Stefan und die Paläontologen betrachteten die Wolken mit sorgenvollen Blicken.
Vielleicht mag euch das wundern. Starke Regenfälle passten nicht wirklich in die Vorstellung der meisten Menschen von einer Wüste. Aber tatsächlich war das in der Mongolei nichts Ungewöhnliches. Immerhin hatten wir Juli, den regenreichsten Monat des Jahres. Laut Internet sollte es hier im Juli an fünf bis sechs Tagen regnen.
Die Wolken waren jedoch nicht das Einzige, was mir auffiel. In einiger Entfernung konnte ich sehen, wie sich eine Art Welle durch den Sand bewegte, gleichmäßig von links nach rechts, ehe sie wieder verschwand.
„Da drüben ist irgendetwas“, sagte ich laut. Immerhin war es eine meiner Aufgaben, nach ungewöhnlichen Dingen Ausschau zu halten. „Es sah aus, als bewege sich da irgendetwas unter dem Sand. Kann das ein Tier sein?“
Stefan und die Paläontologen folgten meinem Blick in die Richtung.
„Sie spüren den Regen“, murmelte der Elektriker. Er sprach leise zu sich selbst, jedoch nicht so leise, dass ich ihn nicht verstanden hätte.
„Sie?“, hakte ich nach. „Wen meinst du damit?“
Aber Stefan hatte nicht vor, auf meine Frage einzugehen. „Tobias, du hast doch bestimmt eine Waffe dabei, oder? Wenn ja, hol sie! Und die anderen: Lasst alles stehen und liegen. Wir müssen zu den Autos!“
Er hatte einen befehlenden, fast militärischen Tonfall, der Sandra jedoch alles andere als zu passen schien. „Was fällt dir ein?“, wurde Sandra laut. „Das hier ist immer noch meine Ausgrabungsstätte. Wir sitzen den Regen im Gemeinschaftszelt aus!“
Die Paläontologen sahen zwischen ihnen hin und her, unsicher, auf wen sie hören sollten.
Ich hingegen hatte zu oft Krisensituationen erlebt, um Stefans Befehl weiter zu hinterfragen. Es würde schon einen Grund geben, warum ich meine Pistole holen sollte. Und selbst wenn er sich irrte, wollte ich meine Waffe lieber einmal zu oft geholt haben als zu wenig. Also sprintete ich zu meinem Zelt.
Ich riss den Reißverschluss auf, zog meine Glock 19 unter der Luftmatratze hervor und warf mir meinen Regenponcho über, ehe ich wieder nach draußen eilte. Sandra und Stefan waren noch immer am Diskutieren.
„Bitte, wir haben keine Zeit für Erklärungen. Vertraut mir einfach!“, flehte Stefan.
Meine Aufmerksamkeit galt jedoch etwas anderem: Direkt hinter Sandra sah ich Bewegungen im Sand.
„Da kommt etwas“, schrie ich über die Diskussion hinweg.
Sandra wandte sich mir zu, dann sah sie auf den Sand, wohin ich zeigte.
Und tatsächlich schob sich nur einen Augenblick später ein großes fleischrotes Etwas aus dem Boden. Es hatte eine wurstähnliche Form, ohne Gliedmaßen oder Augen.
„Ein Mongolischer Todeswurm“, hauchte Sandra ungläubig.
Und auch ich starrte das Wesen mit offenem Mund an. Natürlich hatte ich mich vor meiner Reise über potentiell gefährliche Tiere informiert, die uns hier begegnen könnten. Auch war ich dabei auf die Allghoi Khorkhoi, die Mongolischen Todeswürmer gestoßen. Jedoch stand im Internet, dass es sie nicht wirklich gab. Sie seien nichts als eine Legende der einheimischen Nomaden.
Stefan ließ uns nicht in unserer Verwunderung dastehen. Er packte Sandra und Chris am Arm und zerrte sie mit sich Richtung Felsen.
Ich entsicherte meine Glock und richtete den Lauf auf das fleischige Tier vor mir. Auf den ‚Todeswurm‘. Krampfhaft versuchte ich, mich an alles zu erinnern, was ich über sie gelesen hatte. Sie waren giftig, oder?
Leider zögerte ich zu lange. Ich blickte immer wieder zu Sandra und Stefan, während ich weiter auf den Wurm zielte. Der Mongolische Todeswurm hingegen richtete sich im Sand auf, zog seinen Körper einige Zentimeter zusammen und spuckte eine schwefelgelbe Flüssigkeit auf die Person, die ihm jetzt am nächsten stand.
Ben schrie für den Bruchteil einer Sekunde auf, während der Schleim ihn traf. Dann brach er lautlos auf dem Sand zusammen.
„Ben!“, hörte ich Sandra entsetzt schreien.
Ich dachte in dem Moment nicht weiter nach und feuerte fünf Kugeln in den Körper des Todeswurms ab. Er zuckte noch einen Moment, ehe er reglos liegenblieb.
Anschließend eilte ich weiter zu dem gefallenen Paläontologen.
„Tobias! Fass seinen Körper nicht an!“, mahnte mich Stefan aus der Ferne. „Es ist eh zu spät. Ben ist schon tot.“
Wieder zögerte ich. Jedoch wusste ich zu wenig, um die Situation weiter einschätzen zu können. Daher packte ich Anne, die vor Schreck wie versteinert dastand, am Oberarm und rannte mit ihr zu den anderen hinter die Felsen.
Das war der Moment, als der Regen einsetzte. Zuerst grummelte es nur kurz, dann öffnete der Himmel alle Schleusen.
Obwohl ich mit starkem Regen gerechnet hatte, unterschätzte ich ihn trotzdem. Innerhalb von Sekunden verwandelte der steinige Sand sich in Schlacke. Wenn ich eben noch kilometerweit gucken konnte, erkannte ich jetzt nur noch wenige Meter um uns herum. Und auch das Rauschen war so laut, dass ich kaum noch etwas hören konnte.
„Wir müssen hier weg!“, brüllte Stefan uns über den Regen an. „In wenigen Minuten wimmelt es hier von diesen Dingern!“
Meine Glock noch immer fest umklammernd, wagte ich einen Blick über den schützenden Felsen. Dort lag Bens Leiche bei unseren Zelten. Der Regen hatte den gelben Schleim von seinem Körper bereits fast vollkommen weggespült. Auch sah ich den toten Wurm einige Meter weiter liegen. Dick wie ein menschlicher Arm. Aber das war noch nicht alles. Stefan hatte recht: An diversen Stellen konnte ich Bewegungen unter dem nassen Sand erkennen.
„Woher weißt du so viel über die Würmer?“, schrie ich, während ich den Kopf wieder einzog. „Ich dachte, sie seien nur ein Mythos!“
„Ich erforsche die Allghoi Khorkhoi seit einigen Monaten. Aber wartet mit den Fragen bitte, bis wir in Sicherheit sind. Jetzt ist nur wichtig, dass ihr die Würmer oder ihren Speichel auf gar keinen Fall berührt!“ Wer auch immer dieser Typ war, er war ganz sicher kein Elektriker!
Trotzdem entschied ich, vorerst keine weiteren Gedanken daran zu verschwenden. Wir mussten dringend zu den Autos.
Hektisch sah ich mich um, versuchte, durch den Regenschleier die bestmögliche Fluchtroute zu erkennen. Ich wusste, dass wir von Felswänden umringt waren. Dort hochzuklettern dürfte so ziemlich unmöglich sein – besonders bei dem Regen. Unser einziger Weg führte also nach Osten. Wir mussten direkt an den Würmern vorbei.
„Wir laufen dort drüben lang!“, schrie ich den anderen zu, während ich nach rechts deutete. „Zwischen den Felsen haben wir den größtmöglichen Schutz!“ Leider war das Terrain dort aber auch am schwierigsten.
Zum Glück gab niemand Widerworte. Selbst Stefan schien anzuerkennen, dass meine Erfahrung unsere beste Möglichkeit auf eine Flucht bot.
Wir liefen nacheinander zur nächsten Deckung, um möglichst wenig Angriffsfläche zu bieten. Stefan lief vor und hielt bei dem nächsten größeren Felsen Ausschau nach Würmern, während ich zurückblieb und die anderen nacheinander zu ihm schickte. Zum Schluss folgte ich der Gruppe.
So bewegten wir uns von Felsen zu Felsen, von Deckung zu Deckung. Und obwohl wir teilweise mehr über den Kies schlitterten, als dass wir liefen und oft genug Würmer umgehen mussten, kamen wir gut voran. Immer, wenn ein Blitz durch den Himmel zuckte, konnte ich erkennen, wie wir uns dem Ende der Felswand näherten.
Ich wollte gerade um unsere Deckung spähen, um den weiteren Weg auszumachen, als Stefan mir plötzlich einen Arm an die Brust presste und mich so zurückhielt. Langsam hob er die andere Hand und zeigte auf eine Bewegung im Schlamm, nur wenige Meter von uns entfernt.
Verdammt! Trotz ihrer grellroten Farbe war der Sand inzwischen so feucht geworden, dass die Todeswürmer sich gut verstecken konnten. Die letzten Meter würden kniffelig werden.
Also änderte ich den Kurs. Wir liefen weiter zur Felswand, wo der Boden zwar noch unebener war, dafür gab es jedoch weniger Fläche, wo die Würmer sich verstecken konnten – so dachte ich jedenfalls. Stefan hatte gerade den halben Weg zum nächsten Felsen zurückgelegt, als ich eine Bewegung im Sand neben ihm sah.
Ich sprintete nach vorne, riss meine Glock hoch und feuerte drei Schüsse in den Wurm ab. Auch er blieb kurz darauf reglos liegen.
„Alles in Ordnung?“, rief ich Stefan zu.
Er nickte.
Wenn ich jedoch dachte, dass ich damit das größte Übel beseitigt hätte, hatte ich mich getäuscht. Irgendetwas, vielleicht der Lärm von den Schüssen, vielleicht die Leiche ihres Artgenossen, hatte die anderen Würmer auf uns aufmerksam gemacht. Dutzende von ihnen kamen jetzt auf uns zugekrochen.
„Scheiße! Lauft! Lauft!“, brüllte ich den anderen zu.
Während sie an mir vorbei Richtung Autos liefen, ließ ich mich zurückfallen. Ich blieb dicht hinter den anderen, während ich mit meiner Glock versuchte, uns die Würmer vom Leib zu halten, die jetzt schnell aufholten. Erfolglos. Es waren einfach zu viele. Wenn ich weiter wahllos jeden Mongolischen Todeswurm abballern würde, der sich uns näherte, hätte ich gleich keine Munition mehr im Magazin. Also hetzte ich den anderen nach. Zum Glück waren wir bereits ganz in der Nähe der Autos.
Als ich das Auto erreichte, sah ich, dass alle sich in einen Wagen gedrängt hatten. Scheinbar hatte niemand von ihnen Lust, die wenigen Meter zum nächsten Auto weiterzulaufen. Zurecht. Ich hatte mich gerade neben Chris auf die Rücksitzbank gequetscht und die Tür hinter mir zu gerissen, als eine Woge gelben Schleims gegen die Autoscheibe klatschte.
Entsetzt musste ich mitansehen, wie sich das Glas mit einem zischenden Geräusch auflöste. Ich drängte mich näher an Chris, als Stefan gerade den Schlüssel von Sandra entgegennahm. Dann endlich startete er den Motor und wir setzten uns in Bewegung.
Zwar kamen wir nur langsam voran – der nasse Sand und der felsige Boden waren nicht die beste Straße und die allmählich beschlagende Windschutzscheibe tat ihr Übriges –, aber zum Glück schienen uns die Würmer nicht sonderlich weit zu verfolgen. Weitere Angriffe blieben aus.
Wir fuhren eine Weile schweigend weiter, ehe Stefan sich zu Sandra, Anne und Chris wandte. „Es tut mir leid um euren Kollegen“, sagte er. „Um euren Freund.“
Sandra saß vor mir und starrte auf ihre Knie. Obwohl ich ihr Gesicht nicht sehen konnte, wirkte sie, als kämpfe sie mit den Tränen. Trotzdem klang ihre Stimme ungewöhnlich ruhig. „Du warst das, oder?“, fragte sie. „Du hast mich angerufen und mir die Mails geschickt.“
Stefan lächelte schief, während er nickte. „Das waren Leute aus meinem Team, ja. Wie gesagt untersuchen wir die Würmer seit einigen Monaten. Ich wünschte nur, uns wäre eine bessere Ausrede eingefallen, als ihr eure Ausgrabung direkt über ihrem Nest geplant habt.“
„Warum habt ihr nicht einfach die Wahrheit gesagt?“, fragte Sandra. Bitterkeit schwang in ihrer Stimme mit.
Stefan warf ihr einen traurigen Blick zu. „Hättest du uns geglaubt?“, fragte er.
Bleibt auf dem neusten Stand und folgt mir auf:
Die Legende:
Der Allghoi Khorkhoi, auch Olgoi Khorkhoi oder Mongolischer Todeswurm genannt, ist ein Kryptid aus der Mongolei.
Wörtlich übersetzt, heißt олгой-хорхой (olgoi khorkhoi) übrigens in etwa „Dickdarm-Wurm“, wobei хорхой (Khorkhoi) auch so viel wie „Insekt“ oder „Larve“ heißen kann.
Aussehen:
Über das Aussehen des Allghoi Khorkhoi gibt es verschiedene Aussagen.
Generell sollen die Mongolischen Todeswürmer etwa 50 bis 150 cm lang und dick wie „der Arm eines Mannes“ sein.
Dem amerikanischen Abenteurer und Paläontologen Roy Chapman Andrews beschrieben die einheimischen Nomaden den Wurm als wurstförmig, etwa 60 cm lang und ohne Kopf, Schwanz oder Beine.
Andere Einheimische beschreiben ihn als fleischigen Wurm mit roter Haut, weiß-grauen Wurm, der sich bei Gefahr rot färbt oder gar als schuppig und braun. Gerade Letzteres würde ich jedoch auf Verwechslungen mit einer Schlange zurückführen.
Mein persönlicher Favorit ist hingegen die fleischige rote Variante, da sie als einziges zu dem mongolischen Namen „Dickdarm-Wurm“ passt.
Eigenschaften:
Der Allghoi Khorkhoi hat seinen deutschen Namen „Mongolischer Todeswurm“, weil er seine Opfer innerhalb von kürzester Zeit tötet.
Einige sagen, er nutzt hierzu ein tödliches Gift, das er über mehrere Meter versprühen kann, andere sagen, er nutzt elektrische Stöße. Außerdem soll seine Haut so giftig sein, dass man bei Berührung eines Wurms sofort stirbt.
Zusätzlich sagen manche Leute dem Gift eine ätzende Wirkung nach, sodass es sogar Metall innerhalb kürzester Zeit zersetzen soll.
Trotzdem wird der Allghoi Khorkhoi in den Berichten nicht unbedingt als aggressiv beschrieben. Für mich liest es sich eher so, dass er sein Gift versprüht, weil er sich bedroht fühlt oder seltener, um Beute zu jagen.
Gerade Letzteres ist jedoch umstritten, da man nicht genau weiß, was Mongolische Todeswürmer fressen. Während manche Leute sagen, sie würden mit ihrem Gift Tiere und selten sogar Menschen jagen, behaupten andere, sie seien Pflanzenfresser und würden z. B. die giftige Goyo-Pflanze fressen.
Die meiste Zeit sollen die Allghoi Khorkhoi hingegen unterirdisch verbringen. Für gewöhnlich sollen sie fast nur bei Regen oder Feuchtigkeit an die Oberfläche kommen.
Ansonsten kann man sie manchmal entdecken, während sie sich unterirdisch bewegen, indem man kleine Wellen an der Sandoberfläche über ihnen sieht.
Lebensraum/Vorkommen:
Der Mongolische Todeswurm soll ausschließlich in der Wüste Gobi im Süden der Mongolei und Norden von China vorkommen. Dort soll er hauptsächlich unter dem Sand in besonders abgelegenen und lebensunfreundlichen Teilen der Wüste leben.
Am häufigsten sollen sie im Juni, Juli und August gesehen werden, der regenreichsten Zeit in der Wüste Gobi.
Ursprung:
Zum Ursprung der Legende lässt sich leider nichts Genaueres sagen, da die einheimischen Nomaden selbst nicht genau wissen, seit wann es die Legende gibt.
Die erste bekannte schriftliche Erwähnung des Mongolischen Todeswurms findet sich in dem Buch „On the Trail of Ancient Man“ (1926) von Roy Chapman Andrews. Es ist jedoch gut möglich, dass die Nomaden der Wüste Gobi schon seit vielen Generationen Geschichten über Allghoi Khorkhoi erzählen, die sie jedoch nur mündlich weitergegeben haben.
Einige Jahre, bevor Andrews das Buch geschrieben hat, war er selbst in der Wüste. Damals soll ihn der Premierminister der Mongolei darum gebeten haben, Ausschau nach den Allghoi Khorkhoi zu halten und ein Exemplar der legendären Bestie zu fangen.
Andrews selbst gestand zwar, dass er nicht an die Existenz des Mongolischen Todeswurms glaubte, aber er traf viele Einheimische, die ihm Geschichten des Monsters erzählt haben. Und auch heute noch sollen viele Nomaden der Wüste Gobi an Allghoi Khorkhoi glauben, obwohl nur die wenigsten von ihnen ein echtes Exemplar gesehen haben wollen.
Inzwischen gab es viele, teilweise sehr ernste und professionelle Forschungen und Suchen nach dem Mongolischen Todeswurm. Wissenschaftliche Teams aus aller Welt haben mit unterschiedlichsten Methoden nach ihnen gesucht. Sie nutzten Kameras aus Flugzeugen, künstliche Überschwemmungen, Geräte wie in „Dune“, die Geräusche erzeugen, die den Mongolischen Todeswurm anlocken sollten, und sogar Bomben. Trotzdem blieben sämtliche Suchen ohne Erfolg.
Heutzutage gehen viele Forscher davon aus, dass es sich bei den Sichtungen des Todeswurms lediglich um Verwechslungen mit lokalen Schlangen handelt. Der Naturforscher Yuri Gorelov hat einmal eine Östliche Sandboa gefangen, nachdem ein Einheimischer ihm das Nest eines vermeintlichen Allghoi Khorkhoi gezeigt hat. Viele Einheimische, denen Gorelov die Schlange zeigte, identifizierten sie fälschlicherweise als einen Mongolischen Todeswurm.
Der Mongolische Todeswurm in der Popkultur:
Natürlich ist auch die Popkultur nicht von dem Mongolischen Todeswurm verschont geblieben. So gibt es nicht nur Spekulationen, ob Frank Herbert sie für seinen weltberühmten Roman „Dune“ bzw. „Der Wüstenplanet“ (1963) als Inspiration für die Sandwürmer genutzt hat, sondern man findet ihre Einflüsse auch in Videospielen wie „Dark Souls III“ oder „Final Fantasy XIV“ sowie in Filmen wie „Tremors – Im Land der Raketenwürmer“ (1990) oder „Monster Worms“ (Originaltitel: „Mongolian Death Worms“) von 2010 wieder.
Was haltet ihr von den Mongolischen Todeswürmern? Kanntet ihr die Legende bereits (egal ob in originaler Form oder aus einem Film/Videospiel)? Und wie hat euch meine Geschichte gefallen? Sie war ja doch etwas anders als meine anderen Geschichten. Schreibt es in die Kommentare!
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hmm.. die Geschichte ist in der tat irgendwie anders. nicht schlechter, einfach anders. ich mag die Geschichte wie immer sehr ^^
Das freut mich. Ich hab zwischendurch einige Male das Gefühl gehabt, dass die Geschichte zu trashig wird (und habe entsprechend viel geändert). Mit der finalen Fassung bin ich aber jetzt doch sehr zufrieden. Es macht auf jeden Fall Spaß, sich mal von meinen gewohnten Schreibthemen zu entfernen (und gerade für sowas bieten sich Kurzgeschichten ja auch an). 😁
ich finde die Geschichte ist besser/professioneller geschrieben wie sonst, nur das Ende ist ein bisschen Klischee
Also das hätte ich jetzt nicht erwartet. Was genau findest du an der Geschichte/Schreibweise besser oder professioneller? ^^
ähhhhhh.. weiß nicht.. ähhhhhh.. ja, das halt 😅
Endlich wieder eine Geschichte, wie toll! Danke dafür 🤩
Muss ehrlich gestehen, dass ich jetzt erst, nachdem deine neue Geschichte kam gemerkt habe, dass es schon länger keine gab…
Ich hoffe, dir geht’s soweit wieder gut und du konntest deinen Urlaub genießen!
Auch diese Geschichte ist wieder richtig gut gelungen. Man merkt, wie du in all den Jahren immer besser im Schreiben von deinen Geschichten wirst.
Danke auf jeden Fall für die wunderbare Unterhaltung!
Es kam mir selbst ehrlich gesagt auch nicht so lange vor (zugegeben, das kann auch daran liegen, dass ich mehrere Wochen an der Geschichte gearbeitet habe). Trotzdem hoffe ich, dass ich ab jetzt wieder etwas regelmäßiger schreiben/posten kann. 😄
Und ja, bis auf die eine Woche, in der ich krank im Bett lag, war der Urlaub sehr entspannt. Es tat auf jeden Fall gut, mal zwei Wochen überhaupt nicht zu arbeiten. ^^
Danke. Ich bin selbst immer wieder erstaunt, wie sich mein Schreibstil über die Jahre verbessert hat. Jedenfalls bin ich zzt. sehr zufrieden mit meinen Texten.
Es freut mich auf jeden Fall sehr, dass dir meine Geschichten gefallen! 😄
ahhhhh neuer blogeintraf, dann kann ich ja gleich mal wieder lesen 😀