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Der Geisterbus von Peking Zeichnung von Jeremie Michels. Man sieht einen altmodischen Bus mit Scheinwerferlicht. Der Hintergrund ist dunkel. Der Bus ist halb beige, halb rot mit dunklen Fenstern, hinter denen man einige Personen erahnen kann. Vorne am Bus steht die Nummer 375.
Der Geisterbus von Peking (2020)

Der Geisterbus von Peking

Der Geisterbus von Peking ist eine bekannte chinesische Legende. Es ist nicht bekannt, worauf die Legende tatsächlich basiert, viele behauten jedoch, sie beruhe auf einer wahren Begebenheit.

Die Geschichte:

Kennt ihr die Geschichte des Geisterbusses von Peking? Fast 25 Jahre ist es her, dass ich am 14. November 1995 im letzten Bus des Tages nach Fragrant Hills saß.

Es war bereits spät, und selbst für Peking an einem Dienstagabend saßen im Bus der Linie 375 erstaunlich wenig Leute. Außer mir waren da nur der Fahrer, der Schaffner, einige Jugendliche, eine ältere Dame, die sich direkt vor mich gesetzt hatte und weiter vorne ein junges Paar, dass kaum die Finger voneinander lassen konnte. Ich kümmerte mich nicht weiter darum.

Gelangweilt beobachtete ich die schwach leuchtenden Straßenlaternen, die Gebäude, die Bäume und die wenigen Leute, die am Bus vorbeizogen. Draußen war es verdammt kalt. Ich war froh, im warmen Bus zu sitzen. Alleine bei dem Gedanken, jetzt draußen zu sein, fröstelte ich. Ich konnte den Wind sogar über den Motor hinweg gegen den Bus peitschen und um ihn herum pfeifen hören.

„Hey, sollen wir die mitnehmen?“, zog eine Stimme von vorne meine Aufmerksamkeit auf sich.

Es war der Schaffner, der jetzt irgendwo vor uns auf den Gehweg deutete. Neugierig drückte ich mich ans Fenster, um zu sehen, auf wen er zeigte.

„Die stehen an keiner Haltestelle“, erwiderte der Fahrer trocken.

Jetzt sah ich sie auch. Am Straßenrand standen zwei dicht aneinandergedrückte Silhouetten, die dem Bus zuwinkten.

„Ach komm, wir sind der letzte Bus für heute“, erwiderte der Schaffner.

Der Fahrer antwortete nicht. Dass er trotzdem ein Einsehen hatte, merkte man daran, dass der Bus langsamer wurde.

Als die Männer den Bus betraten, wurde es plötzlich merklich kälter. Ich schob es auf die Türen, die kurz offen standen.

Dann ging ein leises Raunen durch den Bus. Die ältere Frau vor mir nuschelte überrascht einen Ausruf, den ich nicht richtig verstand. Die Jugendlichen wurden plötzlich ganz still und sogar das Paar ließ voneinander ab, um die Männer anzustarren.

Erst verstand ich nicht, was los war. Von meinem Platz aus konnte man die Tür nicht sonderlich gut sehen und ich fühlte kein Verlangen, mich zu bewegen, um an der Frau vor mir vorbeisehen zu können. Als die Männer dann aber wortlos nach hinten gingen – nicht einmal dem Fahrer dankten sie – sah ich den Grund für das merkwürdige Verhalten: Sie trugen altmodische Roben, die vielleicht vor einigen Jahrhunderten in mode gewesen waren. Dazu kam, dass ihre Haut unnatürlich blass, fast schon weiß war.

Aber das war noch nicht alles. Sie waren nicht – wie von mir zuerst angenommen – zu zweit, sondern zu dritt. Die beiden Männer, die gewunken hatten, stützten gemeinsam einen dritten Mann, der schlaff und reglos zwischen ihnen hing. Er konnte nicht einmal mehr selbstständig laufen.

‚Beinahe wie ein Toter‘, dachte ich voller Unbehagen.

Und auch die anderen Fahrgäste glotzen die Männer irritiert an. Die ältere Dame vor mir wirkte sichtlich eingeschüchtert.

„Keine Sorge, die drei kommen wahrscheinlich aus dem Theater. Vielleicht hatten sie keine Zeit mehr, sich umzuziehen“, versuchte der Schaffner sie zu beruhigen. Er musste ihren panischen Blick bemerkt haben.

Konnte das sein? Es würde jedenfalls die Kleidung erklären. Und die Hautfarbe? Vielleicht war es ja Theaterschminke. Es wäre möglich, dass sie gerade einen erfolgreichen Auftritt hinter sich hatten. Wenn sie danach noch gefeiert haben, könnte das den Zustand des Mannes in der Mitte erklären. Wahrscheinlich hatten sie nicht auf die Zeit geachtet, weswegen sie sich nicht mehr umziehen konnten. Um ein Haar hätten sie ja sogar den Bus verpasst. Ja, das musste es sein.

Mit meiner kleinen Theorie zufrieden, wandte ich mich wieder von den Männern ab. Die meisten Fahrgäste taten es mir gleich – zumindest schloss ich das aus den Gesprächen, die allmählich wieder einsetzten. Lediglich die Frau vor mir schien sich nicht zu beruhigen. Immer wieder warf sie verstohlene, ängstliche Blicke zu den Männern.

‚Wahrscheinlich geschah sonst nichts Spannenderes in ihrem Leben‘, schoss es mir in den Kopf. Ich musste grinsen. Dann sah ich weiter aus dem Fenster.

Während wir weiterfuhren und der Bus sich allmählich leerte, wurde die Frau immer nervöser. Immer häufiger sah sie zu den Männern, die weiterhin nur regungslos dastanden. Sie hatten sich nicht einmal hingesetzt oder dem dritten Mann auf einen Sitz geholfen. Es war schon merkwürdig. Aber deswegen solche Panik zu bekommen …?

Als außer uns nur noch die drei Männer, die Angestellten und das Paar im Bus waren, rutschte die Frau nervös auf ihrem Sitz hin und her. Inzwischen schien sie ihren Blick von den Männern gar nicht mehr abwenden zu wollen. Diese kümmerten sich nicht darum.

Als wir uns der nächsten Haltestelle näherten, stand das Paar schließlich auch auf und ging zu den hinteren Türen. Die Frau sah daraufhin so entsetzt aus, dass ich befürchtete, dass sie jeden Moment eine Panikattacke bekam.

Während die beiden ausstiegen, drehte sich die Frau zu ihnen um. Ihr Blick traf den meinen. Blanke Angst lag in ihren Augen. Wieso steigerte sie sich nur so sehr da rein? Was dachte sie denn, was die Männer in den Kostümen machen würden?

Ich wandte nervös den Blick ab. Die Frau bereitete mir langsam Unbehagen.

Während ich dem Paar nachsah, das jetzt in der Ferne kleiner wurde, tat ich so, als würde ich den Blick der Frau gar nicht bemerken. In Wirklichkeit bohrte er sich jedoch wie Eiszapfen in meine linke Gesichtshälfte.

Als die Frau dann auch noch völlig unerwartet aufsprang, zuckte ich zusammen.

„Schaffner! Schaffner!“, brüllte sie, „Der Junge hat mir mein Portemonnaie geklaut!“

Die Frau war ja völlig verrückt!

„Stimmt das?“, fragte der Schaffner, der jetzt bedrohlich auf uns zukam.

„Ich … Nein!“, stammelte ich ungläubig. Ich hatte meine Hände nicht einmal in ihrer Nähe gehabt!

„Halten Sie sofort den Bus an, wir gehen jetzt zur Polizei!“, schrie die Frau. Sie packte nach meinem Arm und begann daran zu zerren. Ich wehrte mich. Was zur Hölle war bloß falsch bei ihr?!

„Ich muss Sie bitten, mit der Frau mitzugehen!“, forderte mich der Schaffner auf.

„Aber … Ich habe nichts getan!“, protestierte ich.

„Nichts getan? Er hat mein Portemonnaie geklaut!“, erwiderte die Frau.

„Nein, ich …“

„Klären Sie das bitte mit der Polizei. Sie müssen jetzt aussteigen!“, forderte der Schaffner erneut. Der Bus hatte inzwischen wieder gehalten.

So sehr ich auch protestierte, man ließ mir keine Wahl. Die Frau zerrte mich förmlich aus dem Bus.

„Bitte, Sie müssen doch etwas gesehen haben!“, wandte ich mich jetzt an die drei Schauspieler.

Sie verzogen nicht eine einzige Miene. Mir blieb nichts anderes übrig, als der Frau zu folgen.

Enttäuscht und sehnsüchtig sah ich dem Bus nach, der jetzt ohne uns weiterfuhr. Der warme Bus, der mich bald nach Hause gebracht hätte …

Dann wandte ich mich empört der Frau zu. Wusste sie eigentlich, wie lange ich jetzt zu Fuß gehen musste?!

Ich wollte gerade losschimpfen, als sie plötzlich die Augen schloss und schwer atmete. Sie bekam doch jetzt nicht etwa wirklich einen Anfall?!

Auf einen zweiten Blick bemerkte ich jedoch, dass es ein Seufzer der Erleichterung war. Ich verstand gar nichts mehr!

„Bin ich froh, dass ich Sie da rausgeholt habe. Sie sind schließlich noch so jung …“, sagte die Frau.

„W-wie bitte?“, stieß ich verwirrt aus. „Bitte sagen Sie mir, dass ich jetzt nicht eine Stunde nach Hause gehen muss, weil Sie Angst vor ein paar Schauspielern hatten?!“

„Nein!“, protestierte die Frau. „Ich hatte schon so ein mulmiges Gefühl, als die drei Männer in den Bus gestiegen sind. Haben sie nicht gemerkt, wie kalt es plötzlich geworden ist? Aber als dann die Türen offen standen, hat ein Windstoß ihre Roben hochgeweht. Die Männer hatten keine Beine!“

Kurz darauf trennten sich unsere Wege. Ich wusste nicht, was ich von der Frau halten sollte. Glaubte sie wirklich, dass die Männer keine Beine gehabt haben? Vielleicht hatte sie sich bloß versehen. Immerhin war es dunkel gewesen.

Es vergingen ein paar Tage und ich war kurz davor, den Vorfall zu vergessen, als ich am Abend die Nachrichten hörte.

Ich wollte meinen Ohren nicht trauen, als der Mann im Radio erzählte, dass ein Bus mit drei Leichen gefunden wurde – dem Fahrer, dem Schaffner und einem unbekannten Mann in altmodischer Robe. Es war ein Bus der Linie 375 Richtung Fragrant Hills, der letzte, der am 14. November gefahren sei. Es war genau der Bus, in dem ich gesessen hatte.

Die Legende:

Der Geisterbus von Peking, unter anderem auch bekannt unter den Namen „Der letzte Bus nach Fragrant Hills“, „Der Mitternachtsbus“ oder „Bus 375“, ist eine urbane Legende aus China, die angeblich auf einer wahren Begebenheit beruht.

Ablauf:

Bei der Legende es Geisterbusses von Peking gibt es – wie bei den meisten urbanen Legenden – mehrere unterschiedliche Versionen. In diesem Fall ändert sich – abgesehen vom Ende – jedoch meist nicht viel.

Mal ist ein Geschlecht anders, mal ist es der Bus der Linie 375, der Linie 302 oder der Linie 330. Der Ablauf bleibt aber derselbe:

Am Abend des 14. Novembers 1995 fuhr ein Bus nach Fragrant Hills in Peking. Darin sind nur wenige Leute. Die wichtigsten sind der Fahrer, der Busschaffner (Busschaffner sind in China auch noch heute normal. Sie kontrollieren und verkaufen die Tickets), eine ältere Frau (in einigen Varianten ein älterer Mann) und ein junger Mann – häufig ein Student.

Der Fahrer sieht am Straßenrand zwei Personen stehen, die den Bus zuwinken. Erst überlegt er, die beiden zu ignorieren, da sie nicht an einer Haltestelle stehen, als er jedoch daran erinnert wird, dass dies der letzte Bus für den Tag sei, hält er schließlich für sie an.

Als die Personen den Bus betreten, stellt sich heraus, dass es nicht zwei, sondern drei Männer sind. Der dritte Mann wird jedoch von den anderen beiden gestützt und scheint betrunken, verletzt oder sogar tot zu sein. Außerdem tragen die drei Männer Roben der Qing-Dynastie (etwa 1644-1912) und haben eine unnatürlich blasse Haut.

Obwohl die drei Männer mit niemandem reden, sondern sich nur stumm in den Bus stellen, sind die anderen Fahrgäste sichtlich nervös wegen ihres seltsamen Aussehens. Der Busschaffner soll die Leute damit beruhigt haben, dass er erklärt habe, dass die drei Männer sicherlich Schauspieler seien, die sich nach der Vorstellung – vielleicht aus Zeitgründen – nicht umgezogen hätten. Das beruhigt die meisten Leute.

Die ältere Frau bleibt jedoch skeptisch. Es heißt, dass sie die drei die ganze Zeit misstrauisch beobachtet habe. Als schließlich alle Fahrgäste außer den drei Männern, ihr und dem Studenten ausgestiegen sind, springt sie plötzlich auf und macht eine Szene. Sie behauptet, dass der Student sie bestohlen habe. Sie verlangt, dass der Student mit ihr zur Polizei gehe.

Der Student, der die ganze Zeit nur auf seinem Platz gesessen hat, protestiert – besonders, da sie immerhin im letzten Bus des Tages saßen. Doch als die Frau keine Ruhe gibt, willigt er schließlich ein.

Als die beiden ausgestiegen sind, wechselt die Tonlage der Frau plötzlich. Sie ist sehr erleichtert und erklärt, dass die drei Männer im Bus keine Menschen waren. Sie habe gesehen, wie bei einem vorherigen Stopp ein Windstoß die Roben der Männer leicht hochgeweht habe. Darunter konnte sie jedoch weder Beine noch Füße sehen. Folglich mussten die Männer in Wirklichkeit Geister sein.

Später stellte sich heraus, dass die Frau dem Studenten wahrscheinlich das Leben gerettet hatte. Je nach Version ist der Bus nämlich gar nicht mehr oder erst Tage später im Miyun Reservoir (etwas über 100km von Fragrant Hills entfernt) gefunden worden.

Bei der Version, dass der Bus gefunden wurde, wird häufig noch ergänzt, dass man eine unbekannte Leiche, sowie den Fahrer und den Busschaffner tot aufgefunden hat. Ihre Körper waren angeblich in einem fortgeschrittenen Zustand der Verwesung, der nach der kurzen Zeit noch nicht hätte eingetreten sein dürfen.

Manchmal wird außerdem behauptet, dass der Bus nicht genug Benzin für die Strecke gehabt habe oder der Tank mit Blut gefüllt gewesen sei.

Ort des Geschehens:

Der Ort des Geschehens war – wie der Name bereits verrät – in Peking, China.

Ursprung:

Es heißt, dass „Der Geisterbus von Peking“ auf einer wahren Begebenheit beruht. Was genau und wie viel der urbanen Legende wahr sind oder sein sollen, konnte ich jedoch nicht herausfinden.

Ein anderer Ursprung der Geschichte ist nicht bekannt.


Was haltet ihr von dem Geisterbus von Peking? Gefällt euch die Legende? Wie habt ihr die Geschichte interpretiert? Was könnte eurer Meinung nach wirklich passiert sein? Schreibt es in die Kommentare!

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