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Luna und die Vergeltung der Geister – Kapitel 3:

Willkommen zurück zum dritten Kapitel von Luna. Ich hoffe, euch haben die bisherigen Kapitel gefallen und wünsche euch viel Spaß beim Lesen!

Kapitel 3:

Ich starrte Noah mit offenem Mund an. Woher wusste er davon?

„Ihr habt eine Séance mit einem Ouija-Brett abgehalten, woraufhin dir eine Frau erschienen ist, die die anderen nicht sehen konnten. Stimmt das?“, drängte er.

Mir wurde leicht schwindelig. „Wer hat dir davon erzählt?“, fragte ich. Ich merkte, wie mein Mund trocken wurde.

„Alle reden darüber. Vier Mädchen haben mit einem Ouija-Brett rumgespielt, woraufhin eine von ihnen völlig durchgedreht sei. Es hat allerdings etwas gedauert, bis ich rausgefunden hab, wer dieses Mädchen war.“

Ich funkelte ihn wütend an, griff nach meinem Tablett und wollte aufstehen, als Noah sich mir in den Weg stellte.

„Halt. Warte. Das kam falsch rüber. Entschuldigung. Ich bin nicht hier, um mich über dich lustig zu machen. Ich möchte dir helfen.“

„Helfen?“ Ich runzelte die Stirn. „Was meinst du damit?“

Anstatt zu antworten, holte er ein Foto aus seiner Tasche. „Hast du von ihr gehört?“

Auf dem Foto war Zoe zu sehen. Sie saß in einem schwarzen Sommerkleid auf einer Schaukel und lächelte ein strahlendes Lächeln in die Kamera.

Ich fühlte mich, als würde der Stuhl unter mir einige Meter absacken. Trotzdem versuchte ich, mir nichts anmerken zu lassen. Also rückte ich bloß meine Brille gerade und fragte: „Das Mädchen, das sich umgebracht hat? Was ist mit ihr?“

Jetzt sah Noah überrascht aus. „Umgebracht? Das stimmt nicht. Wir hatten einen Unfall.“

Wir? Kannte er sie etwa? War er bei ihr gewesen, als es geschah?

Ehe ich jedoch nachhaken konnte, tippte Noah mit dem Zeigefinger auf das Bild. „Hast du sie gesehen? Ich meine in letzter Zeit? Hier in der Uni? Oder auf dem Campus?“

Säße ich nicht bereits auf einem Stuhl, hätte ich mich jetzt setzen müssen. Das konnte er gar nicht wissen. Die Einzigen, denen ich davon erzählt hatte, waren Natalie und Finn gewesen. Hatte Finn es etwa weitererzählt?!

Noah ließ sich von meinem Schock nicht beirren. „Sie trägt ein weißes Sweatshirt, ihre zerrissene Jeans und die Winterstiefel, die ich ihr zu Weihnachten geschenkt habe, nicht wahr?“

Sofort schoss mir wieder Zoe in den Kopf, wie sie in meinem Zimmer gestanden hatte. Das war unmöglich. Er hatte ihre Kleidung genauso beschrieben, wie ich sie gesehen hatte. So genau hatte ich niemandem davon erzählt – nicht einmal Finn oder Natalie. Er konnte es also gar nicht wissen, außer … Außer er war nur in meinem Kopf.

Meine Augen weiteten sich. „Nein … Nein!“, murmelte ich, dann erhob ich meine Stimme. „Was wollt ihr von mir? Lasst mich in Ruhe! Lasst mich alle in Ruhe!“

Ich sprang auf. Während ich mich an Noah vorbei drängte, sah ich, dass die Leute an den umliegenden Tischen sich neugierig zu mir umwandten, aber das war mir egal. Ich wollte einfach nur hier weg – weg von Noah.

Nachdem ich aus der Uni gestürmt und einige hundert Meter Richtung zuhause gerannt war, wurde ich langsamer. Um mich herum drehte sich alles. Nicht nur, dass ich mir Leute einbildete, jetzt redeten sie schon mit mir. Wenn es so weiterging, wusste ich bald nicht mehr, was real war und was nicht. Finn hatte recht. Es konnte so nicht weitergehen!

Mit zittrigen Händen holte ich mein Handy und die Visitenkarte der Psychologin hervor. Ehe ich mich umentscheiden konnte, tippte ich die Nummer ab. Ich wollte gerade auf den kleinen grünen Hörer drücken, als plötzlich ein roter PKW neben mir hielt. Das war Natalies Auto. Sie ließ das Fenster runter.

„Luna, alles in Ordnung?“, fragte sie besorgt. „Was wollte der Freak von dir?“

Ich starrte sie verdutzt an. Der Freak? „Du meinst Noah?“, fragte ich.

Natalie nickte. „Ja. Hat er dir was getan?“

Meine Gedanken überschlugen sich. Ich öffnete den Mund, um ihr zu antworten, klappte ihn jedoch sofort wieder zu. Noah war keine Einbildung gewesen? Aber wenn er wirklich echt war, bedeutete das …

„Steig erstmal ein. Dann kannst du mir alles in Ruhe erzählen“, schlug Natalie vor.

Aber das konnte ich nicht. Ich musste zurück in die Mensa. Ich brauchte Antworten.

„Luna! Wo willst du hin?“, rief Natalie mir nach, doch ich hörte ihr gar nicht mehr zu.

Als ich die Mensa betrat, sah ich Noah sofort. Er saß noch immer an demselben Tisch. Mein Tablett stand ihm gegenüber, aber er hatte sich meinen Teller genommen und angefangen, davon zu essen. Hastig ging ich auf ihn zu, während ich keuchend ein- und ausatmete.

„Du bist ja noch schlimmer dran, als ich dachte“, begrüßte er mich. Er bot mir meinen Teller an.

Ich lehnte ihn kopfschüttelnd ab, während ich nach Luft rang. Ich spürte, wie mein Asthma mir die Kehle zuschnürte. „Woher weißt du so genau, was Zoe anhat?“, presste ich keuchend hervor.

„Du meinst abgesehen davon, dass ich bei ihr war, als sie starb?“

Daran hatte ich noch gar nicht gedacht. Aber selbst, wenn das stimmte, woher wusste ich dann, was sie bei ihrem Tod anhatte?

Noah atmete tief ein. „Ich kann sie auch sehen.“

Die Worte trafen mich wie ein Schlag ins Gesicht. Ich starrte ihn fassungslos an. „Was?“

„Aber vielleicht möchtest du das lieber woanders besprechen?“, fragte Noah.

Jetzt erst bemerkte ich, dass die Leute an den Nachbartischen verstohlen zu uns herübersahen und miteinander tuschelten. Mein Gesicht wurde heiß. Was dachten sie wohl gerade über mich? Hoffentlich hatte mich niemand gesehen, der mich kannte.

Eilig verließ ich die Mensa. Noah folgte mir. Wir setzten uns draußen auf eine abgelegene Bank auf dem Campus.

„Hat der Geist bei der Séance wirklich ‚stirb‘ zu dir gesagt?“, ergriff Noah zuerst das Wort.

Bei der Erinnerung musste ich schwer schlucken. „Sterbt“, sagte ich leise. „Sie hat das Wort ‚sterbt‘ auf dem Brett gebildet.“

Wir schwiegen einen Moment.

Dann sah ich Noah zögernd an. „Du kannst wirklich den Geist von Zoe sehen?“, fragte ich.

Er nickte. „Aber nicht nur den von Zoe. Auch die anderen.“

Die anderen? War das möglich? Konnte es sein, dass ich mir nie jemanden eingebildet hatte? Dass ich tatsächlich Geister sehen konnte?

„Du hältst mich für verrückt, oder?“, fragte Noah, als ich nicht antwortete.

„Du … Ich …“, stammelte ich. Ich holte tief Luft, um mich zu sammeln. „Ich habe Angst, dass ich verrückt bin.“

Noah musterte mich. „Möchtest du Beweise, dass du es nicht bist?“

Ich sah ihn überrascht an. „Wie willst du das beweisen?“

Er zuckte mit den Schultern. „Wir könnten einen Geist suchen. Dann siehst du ja, dass wir beide dasselbe sehen.“

Ich dachte einen Moment darüber nach. „Das könnte funktionieren. Aber woher wissen wir, ob jemand ein Mensch oder ein Geist ist? Bisher sahen die Geister jedenfalls ziemlich normal aus.“

Noah zuckte mit den Schultern. „Sie haben keine Schatten“, erklärte er, als wäre es das Normalste der Welt. „Außerdem sind manche von ihnen leicht durchsichtig oder wirken verschwommen.“

Das wurde ja immer unheimlicher. „Also gut. Wenn das stimmt, müssen wir nur noch einen Geist suchen. Du weißt nicht zufällig, wo Zoe sich zurzeit aufhält?“, fragte ich.

Für den Bruchteil einer Sekunde sah Noah erschrocken aus, aber er fing sich fast sofort wieder. „Wir können nicht mit Zoe reden. Das wäre nicht gut“, erklärte er emotionslos.

„Wieso nicht?“

„Es geht einfach nicht, okay? Aber … wo sollen wir auf die Schnelle einen anderen Geist finden?“

Ich sah ihn irritiert an, entschloss aber, nicht weiter nachzubohren. Außerdem hatte ich eine Idee. „Wie wäre es mit einem Friedhof?“, fragte ich, ehe ich überhaupt realisiert hatte, was ich da gerade vorschlug.

Noah grinste breit. „Und die Leute nennen mich einen Freak.“

Beschämt sah ich zu Boden. Ich kam mir dumm vor.

„Aber wieso eigentlich nicht?“, fuhr er fort. „Es könnte funktionieren. Passt dir Freitag?“

Überrascht starrte ich ihn an. Ich weiß, es war meine Idee gewesen, aber hätte ich nur eine Sekunde darüber nachgedacht, hätte ich den Vorschlag nicht gemacht.

„Übermorgen?“, überlegte ich laut, um von meinem kurzen Schock abzulenken. „Da bin ich auf einer Party.“ Dann fiel mir ein, dass Finn mich auf die Party eingeladen hatte. „Weißt du was? Ich lass die Party ausfallen. Das hier ist wichtiger.“

Die folgenden zwei Tage stürzte ich mich in Arbeit. Hauptsächlich zeichnete ich oder bastelte an einem Tonmodell für die Uni. Ich hatte die Aufgabe bekommen, mehrere Gebäude zu skulptieren, die das Wort ‚sitzen‘ verkörperten.

Tatsächlich nahm mich die Arbeit so sehr ein, dass ich es schaffte, sowohl Natalies unangenehmen Fragen bezüglich Noah als auch irgendwelchen Geistern, sofern es denn wirklich welche waren, aus dem Weg zu gehen. Einzig meine Gedanken an Finn und den bevorstehenden Friedhofsbesuch mit Noah bereiteten mir Bauchschmerzen.

Trotzdem verging die Zeit wie im Flug, bis es endlich Freitag Abend war.

„Okay Lu, ich fahr jetzt los. Falls irgendetwas ist, kannst du mich jederzeit anrufen“, sagte Natalie, während sie ihr geschminktes Gesicht durch meine Tür stecke.

Eigentlich hatten wir zusammen auf die Party gehen wollen. Ich tat jedoch so, als hätte ich Kopfschmerzen und müsse noch etwas für die Uni erledigen. Natalie hakte nicht nach.

Fünf Minuten, nachdem sie weg war, machte ich mich auf den Weg zum Friedhof. Noah wartete bereits im Licht einer einzelnen Laterne vor dem Eingangstor.

„Du bist spät dran“, begrüßte er mich.

„’tschuldigung. Ich musste erst meine Mitbewohnerin abwimmeln“, entschuldigte ich mich. „Musstest du lange warten?“

Noah zuckte mit den Schultern. „Ich bin es gewohnt, allein zu sein.“

Mitleidig sah ich ihn an. Dank meiner Zeit als Außenseiterin wusste ich nur zu gut, wie er sich fühlen musste.

„Wollen wir dann?“, fragte Noah. „Wir müssen allerdings einen kleinen Umweg über den Zaun nehmen.“

Irritiert sah ich zum Eingangstor. Dort begrüßte mich eine dicke Kette, die mit einem Vorhängeschloss gesichert war. Natürlich war der Friedhof nachts geschlossen …

Als ich wieder zu Noah sah, war er bereits dabei, über den Zaun zu klettern. Ich unterdrückte ein Fluchen, sah verstohlen die Straßen entlang und folgte ihm mit einem unguten Gefühl in der Magengegend. Ich war noch nie irgendwo eingebrochen …

Zu meiner Erleichterung waren die speerartigen/lanzenförmigen Spitzen auf dem Friedhofszaun stumpf, sodass mir schnell auf der anderen Seite waren. Allerdings brannte auf dem Friedhof nicht eine einzige Laterne.

„Ganz schön dunkel hier“, flüsterte ich.

„Der Friedhof ist nachts geschlossen. Wozu soll man hier also beleuchten?“, entgegnete Noah. Er schaltete seine Handytaschenlampe ein.

„Bist du verrückt?“, zischte ich ihm zu. „Wir sind noch viel zu dicht an der Straße. Was, wenn uns jemand sieht?“

„Dann rennen wir halt weg“, antwortete er gleichgültig, schaltete aber die Taschenlampe wieder aus und nutzt stattdessen sein Handydisplay, um uns zu leuchten.

„Danke“, flüsterte ich.

Noah erwiderte nichts, also gingen wir schweigend nebeneinanderher.

Der Friedhof war nachts verdammt gruselig. Im schwachen Schein von Noahs Display wirkten die Grabsteine wie stumme Beobachter, die uns aus der Dunkelheit heraus tadelnd ansahen. Mit jedem Knirschen, das meine Füße auf dem Kies auslösten, fühlte ich mich, als würde ich die Totenruhe der schlafenden Seelen stören. Und selbst der sanfte Wind kam mir vor, als würden fremde Stimmen leise in der Ferne flüstern.

Noah hingegen schien von all dem völlig unbeeindruckt.

„Findest du das nicht gruselig?“, fragte ich leise.

Noah sah mich überrascht an. „Was? Den Friedhof? Das war doch deine Idee.“

Ich seufzte. Ich wusste selbst, dass es meine Idee war. Trotzdem machte das die Umgebung nicht weniger unheimlich.

In der Hoffnung, dass wir inzwischen weit genug von der Straße entfernt waren, kramte ich mein Handy hervor und schaltete die Taschenlampenfunktion ein. Noah tat es mir gleich.

Meine Freude über das hellere Licht war jedoch nur von kurzer Dauer. Nicht nur, dass es deutlich weniger brachte, als ich angenommen hatte, es erinnerte mich auch noch stark an einen Found-Footage-Horrorfilm, den ich erst kürzlich gesehen hatte. Außerdem reflektierten die hellen Grabsteine, die vereinzelt auf dem Friedhof standen, das Licht gespenstisch.

Schließlich bog Noah wortlos in eine der Gräberreihen ab, als wisse er genau, wo er hinwolle. Wir verließen den Kies und hatten jetzt Gras, weiche Erde und knirschendes Laub unter den Füßen. Die Blumen, an denen wir vorbeigingen, verströmten einen angenehmen Duft, der sich mit dem modrigen Geruch nach Erde vermischte.

Plötzlich wurde Noah langsamer. Er leuchtete ein Grab an, das im Vergleich zu den bisherigen Gräbern deutlich ungepflegter wirkte. Es hatte zwar auch einige Blumen, dazwischen wuchs jedoch gut sichtbares Unkraut. Und auch der Grabstein wirkte dreckiger und irgendwie älter.

„Danach habe ich gesucht“, erklärte Noah.

Neugierig las ich die Inschrift: ‚Hier ruhen sechs unbekannte Tote, die Opfer eines Häuserbrandes wurden. Möge Gott ihre Seelen beschützen.‘

Ich runzelte die Stirn. „Wieso glaubst du, dass ausgerechnet einer der sechs hier als Geist herumirren sollte?“

Noah schüttelte den Kopf. „Nicht einer der sechs, sondern einer der vielen Unbekannten, die hier liegen.“ Er leuchtete auf die Gräber dahinter. Sie waren alle in einem ähnlichen Zustand. Ein kurzer Blick auf die Grabsteine verriet mir, dass auf ihnen ähnliche Texte standen. „Würdest du etwa deine Ruhe finden, wenn du nach deinem Tod nicht identifiziert werden konntest?“

Auf die Idee wäre ich niemals gekommen. Bevor ich Noah jedoch dafür loben konnte, klingelte mein Handy. Es war Natalie. „Oh, da muss ich rangehen“, sagte ich schnell, schaltete die Lampe aus und nahm den Anruf an.

„Wo bist du?“, ertönte Natalies Stimme. Wenn man sie kannte, hörte man deutlich eine Mischung aus Vorwurf und Neugierde heraus.

„Was meinst du?“, fragte ich unschuldig.

„Ich bin gerade nach Hause gekommen. Ich dachte, du wolltest nur nicht mit, weil Finn da ist. Also wollte ich dir Bescheid sagen, dass er nicht kommt, aber du bist nicht hier!“

Ich schluckte. Wie sollte ich meiner besten Freundin sagen, dass ich sie angelogen hatte, weil ich mich lieber nachts auf einem Friedhof herumtreiben und nach Geistern suchen wollte?

Ehe ich auch nur ein Wort erwidern oder über eine Ausrede nachdenken konnte, donnerte eine strenge kratzige Stimme hinter mir: „Was macht ihr hier?“

Vor Schreck ließ ich mein Handy fallen. Mit einem Knall landete es auf dem Boden. Es musste auf irgendetwas Hartes geschlagen sein.

Ich beachtete es nicht weiter. Stattdessen sah ich erschrocken den alten Mann an, der sich von hinten an uns herangeschlichen hatte. Er hatte wirres, graues Haar und ungepflegte Stoppeln im Gesicht. Seine Kleidung sah alt und abgetragen aus. Aber das wohl Seltsamste an ihm war die leicht rostige Schaufel, die er über der Schulter trug. Was hatte er damit vor?

„Wir wollten nur …“, begann ich.

Doch der Mann ließ mich nicht zu Wort kommen. „Ihr glaubt also, dass ihr herkommen und meine Gräber ausplündern könnt, wie?“ Er nahm seine Schaufel in beide Hände, als wolle er uns gleich damit erschlagen. Ich sah, dass seine Unterlippe nervös zuckte, während er mit wahnsinnigem Blick zwischen Noah und mir hin- und hersah.

„Die Gräber ausplündern?“, fragte ich entsetzt. „Nein. Wir sind nur …“

Wieder ließ der Mann mich nicht zu Wort kommen. „Grabräuber! Diebe!“, schrie er, während er mit der Schaufel fuchtelte. „Am Strick werdet ihr hängen!“

Ich wandte mich bereits um, um wegzurennen, doch Noah hielt mich zurück.

„Luna“, sagte er eindringlich. Er hielt seine Hand mit dem Handy so ausgestreckt, dass er den Boden anleuchtete. Ich folgte dem Licht bis zu den Füßen des Mannes. Jetzt sah ich es auch: Er hatte keinen Schatten.

Sofort hob Noah beschwichtigend die Hände. „Ich weiß, wie es aussehen muss, aber Ihr habt mein Wort, dass wir keine Grabräuber sind! Um ehrlich zu sein, ist es etwas albern, aber wir sind auf den Friedhof gekommen, um einen Geist zu suchen.“

Der Geist runzelte die Stirn. „Einen Geist? Pah! Ihr seht aus, als wärt ihr bereits im heiratsfähigen Alter. Da wollt ihr noch an Ammenmärchen glauben?“, schrie er uns verächtlich entgegen.

Verängstigt trat ich einen Schritt auf Noah zu. Ich knickte fast weg, als ich auf etwas Hartes trat. Verwirrt sah ich nach unten. Es war mein Handy. Plötzlich hatte ich eine Idee.

„Was tust du da?“, fragte der Totengräber misstrauisch, als ich mich bückte.

Ich ignorierte ihn. Stattdessen wischte ich den Dreck von meinem Handy. Das Display war zwar gesplittert, aber es würde hoffentlich ausreichen.

„Weißt du, was das ist?“, fragte ich ihn, während ich vorsichtig einen Schritt auf ihn zuging. Ich hielt ihm mein Handy entgegen.

Der Totengräber zog nachdenklich seine Augenbrauen zusammen, während er es betrachtete.

„Luna, nicht!“, zischte Noah mich an.

Verwirrt drehte ich mich zu ihm.

Stumm formte er mit den Lippen ein einziges Wort: „Lauf!“

Er wollte weglaufen? Konnte man das überhaupt? In den Filmen tauchten die Geister plötzlich vor den Menschen auf, wenn sie fliehen wollten.

Noah sah, dass ich zögerte, also packte er mich am Handgelenk und rannte los. Das wirkte. Kurz darauf sprinteten wir beide in Richtung Eingangstor.

Während wir rannten, hielt ich mich so dicht wie möglich an Noah. Ich achtete nur darauf, nicht zu stolpern. Er ließ mein Handgelenk nicht los, bis wir den Zaun erreichten. Erst, nachdem er mir geholfen hatte, über den Zaun zu klettern, warf ich einen flüchtigen Blick nach hinten. Von dem Geist war nichts zu sehen. Trotzdem rannten wir weiter, sobald Noah ebenfalls über den Zaun war.

Ein paar Straßen weiter konnte ich nicht mehr. Ich rang keuchend nach Luft, während ich mich an einer Mauer zu Boden sinken ließ.

„Alles in Ordnung?“ Noah sah mich besorgt an.

„Asthma“, keuchte ich nur.

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Das war Kapitel 3 und somit die erste Hälfte meiner Leseprobe. Wenn ihr Kapitel 4 jetzt schon lesen wollt (und Lust auf meinen Discord Server inkl. Live-Lesungen) habt, schaut doch mal auf Patreon vorbei!

Hättet ihr euch getraut, nachts auf einen Friedhof zu gehen, wenn ihr in Lunas Situation gewesen wärt? Wie hättet ihr euch dem Geist gegenüber verhalten? Schreibt es in die Kommentare!

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