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Luna und die Vergeltung der Geister – Kapitel 6:

Und schon sind wir bei Kapitel 6 und somit dem letzen Teil der Leseprobe meines geplanten Romans „Luna und die Vergeltung der Geister“.

Viel Spaß beim Gruseln!

Kapitel 6:

Am nächsten Tag saßen Noah und ich gemeinsam am Frühstückstisch und aßen Rührei. Wie auch schon beim Abendessen schienen wir beide nicht wirklich zu wissen, was wir sagen sollten, also aßen wir hauptsächlich schweigend.

Noah teilte mir lediglich mit, dass er am Nachmittag wegfahre, aber ich fragte ihn nicht einmal, wo er hinwolle. Stattdessen schwiegen wir weiter, bis unsere Teller leer waren.

„Sag Bescheid, falls du beim Auspacken Hilfe brauchst“, sagte Noah, während er unsere Telle in die kleine Spülmaschine stellte. Anschließend ging er, ohne ein weiteres Wort zu verlieren, in sein Zimmer.

Ich seufzte schwer, während auch ich aufstand. Keine Ahnung, ob es an ihm oder an mir lag, aber sobald wir einander gegenüberstanden, wusste ich nicht mehr, was ich sagen sollte. Mit Natalie wäre mir das nie passiert. Hoffentlich würde es besser werden, wenn Noah und ich einander besser kannten.

Anschließend verschwand auch ich wieder in meinem Zimmer. Ich hatte mir vorgenommen, heute mit dem Auspacken fertig zu werden, also nahm ich mir systematisch meine Kisten vor und richtete mich in dem kleinen Zimmer so wohnlich ein, wie ich nur konnte.

Ich legte meinen Stapel ungelesener Bücher, der in den letzten Monaten eher gewachsen als geschrumpft war, auf die Fensterbank, stellte ein Foto meiner Eltern daneben und legte eine bunte Strickdecke, die meine Oma mir mal gestrickt hatte, über den beigen Sessel. Zu guter Letzte klebte ich einige Zeichnungen, auf die ich besonders stolz war, an die weiße Wand neben das Fenster, damit sie nicht ganz so trostlos aussah.

Noahs Hilfe brauchte ich lediglich im Badezimmer, als wir absprachen, wo ich meine Sachen unterbringen durfte. Als ich die wenigen Schminkartikel, die ich besaß, in das Fach neben dem Waschbecken stellte, musste ich schmunzeln. Dort standen bereits schwarzer Nagellack, Eyeliner und diverse Sachen zum Abschminken. Natürlich wusste ich, dass Noah ab und zu Eyeliner trug, trotzdem war es irgendwie ungewohnt, Schminke bei einem Mann zu finden.

Ich war gerade dabei, mein Handtuch an einen Haken an der Wand zu hängen, der zufälligerweise schon da war, als Noah vorsichtig an den Türrahmen klopfte.

„Ich fahr jetzt los. In spätestens einer Stunde sollte ich wieder da sein, also lass bitte das Haus stehen, ja?“

„Ich verspreche nichts“, sagte ich grinsend.

Noah erwiderte mein Grinsen, dann drehte er sich wortlos um und verschwand Richtung Eingang.

Na also, das war doch wenigstens nicht ganz so kühl wie unsere Gespräche beim Essen.

Nachdem Noah weg war und ich meine letzte Kiste leergeräumt hatte, ging ich zurück in mein Zimmer. Ich setzte mich aufs Bett und setzte mich aufs Bett.

Auf einmal kam ich mir sehr einsam vor. Ich war ganz allein in diesem fremden Haus. Ob Noah wohl auch oft einsam war? Vielleicht hatte ja damals Zoe bei ihm gewohnt. Immerhin waren sie über zwei Jahre zusammen gewesen.

Andererseits deutete nichts im Haus auf sie hin und ich konnte mir kaum vorstellen, dass Noah all ihre Sachen weggeworfen hatte, nachdem sie gestorben war.

Plötzlich schoss mir ihr schrecklich verzerrtes Gesicht wieder in den Kopf. Ich musste an Noahs Worte denken … Geister, die verschwommen oder verblasst wirkten, seien gerade jene, die gefährlich werden konnten. Sie besäßen kaum noch Menschlichkeit und seien oft aggressiv.

Aber was bedeutete das? Würde Zoe jemanden angreifen? Und wenn ja, wie weit würde sie gehen? Könnte es passieren, dass sie jemanden … Daran wollte ich gar nicht denken! Wäre es dann nicht sogar teilweise meine Schuld? Immerhin war ich mitverantwortlich für ihren Zustand.

Ich nahm mir fest vor, Noah zu fragen, ob wir sie nicht doch lieber suchen sollten, wenn er zurück war.

Doch während ich so auf dem Bett saß, spann ich den Gedanken weiter. Was war, wenn Noah mich wieder davon abhalten würde? Er schien irgendein Problem damit zu haben, mit ihr zu reden. Vielleicht tat es ihm zu sehr weh. Aber was war, wenn genau das seine Entscheidungsfähigkeit trübte? Wenn es die klügere Entscheidung war, sie zu suchen?

Andererseits kannte er Zoe sehr gut. Vielleicht war sie ja doch harmlos. Wieder schoss mir ihr verzerrtes Gesicht in den Kopf. Nein! Ich konnte hier nicht einfach nur rumsitzen und nichts tun, während mit Zoe irgendetwas nicht stimmte. Vielleicht würde es sogar das Eis zwischen Noah und mir brechen, wenn ich ihr half.

Fest entschlossen stand ich auf und griff nach meinem Handy. Ich zögerte. Seit dem Vorfall auf dem Friedhof konnte ich damit nicht mehr telefonieren. Ich könnte niemanden um Hilfe rufen. Aber selbst, wenn es nicht kaputt wäre, wen konnte ich schon anrufen? Immerhin hatte ich nicht einmal Noahs Nummer. Ich legte das Handy auf meinen Nachttisch und nahm mir vor, es morgen vor der Uni zur Reparatur zu geben.

Anschließend ging ich in die Küche. Während ich zwei Scheiben Brot aß, schrieb Noah einen Zettel – nur zur Sicherheit und damit er sich keine Sorgen machte – und legte ihn in den Flur. Falls ich gegen Mitternacht noch nicht wieder da sei, solle er mich auf dem Campus suchen kommen.

Nachdem ich mir Jacke und Schuhe angezogen und vor die Haustür getreten war, hielt ich inne. Wenn ich jetzt die Tür hinter mir zu zog, gab es kein Zurück mehr. Noah hatte mir noch keinen Haustürschlüssel gegeben.

Ich versuchte, nicht darüber nachzudenken, während ich die Tür mit einem Ruck schloss. Kurze Zeit später saß ich auf dem Fahrrad Richtung Uni.

Es dämmerte bereits. Die Luft war eisig, weshalb mir der Fahrtwind kalt ins Gesicht schlug. An sich mochte ich das Gefühl, dennoch bereute ich es, keine Mütze mitgenommen zu haben.

Die Stadt wirkte friedlich um diese Uhrzeit. Ich begegnete fast niemandem, während ich zwischen Reihen aus Wohnhäusern hindurch fuhr, zu schnell, um mir die Architektur genauer anzusehen. Ich erkannte nur, dass in vielen Häusern Licht brannte. Gleichzeitig sorgten hier draußen die Straßenlaternen für eine angenehme Beleuchtung.

Während ich fuhr, wanderten meine Gedanken wieder zu Zoe. Was sollte ich eigentlich tun, wenn ich sie tatsächlich finden würde? Konnte ich mich normal mit ihr unterhalten? Oder würde sie in ihrem Zustand nicht mit sich reden lassen? Jetzt erst wurde mir wieder bewusst, wie wenig Ahnung ich von Geistern hatte. Wie sollte ich reagieren, falls sie mich angreift? Gab es überhaupt etwas, womit ich mich verteidigen konnte? Oder würde ich wie bei dem Totengräber weglaufen können?

Ich machte mir so meine Gedanken, als ich plötzlich ein rasselndes Geräusch unter mir hörte.

„Scheiße“, stieß ich aus.

Wieso musste ausgerechnet jetzt meine Kette rausspringen? Nicht, dass es ein großes Problem war. Es würde nicht lange dauern, bis ich sie wieder eingefädelt hatte. Auch hatte ich keine großen Probleme damit, mir die Finger schmutzig zu machen. Trotzdem war es nervig. Ich stieg ab, stellte mein Fahrrad auf den Ständer und ging daneben in die Hocke.

Ich griff gerade nach der Kette, als ich eine unerwartete Bewegung aus dem Augenwinkel wahrnahm. Mein Herz machte einen Aussetzer, während ich versuchte, möglichst selbstbewusst aufzusehen.

Erleichtert atmete ich auf: Es war ein Mädchen, etwa in meinem Alter. Ich kannte sie zwar nicht, hatte sie jedoch schon einige Male auf dem Campus gesehen. Von ihr schien jedenfalls keine Gefahr auszugehen.

Ohne sie weiter zu beachten, widmete ich mich wieder meiner Kette. Als sie jedoch direkt vor mir stehen blieb, hob ich erneut den Kopf. Sie sah mich mit großen Augen an.

„Findest du mich schön?“, fragte sie kleinlaut.

Ich blinzelte einige Male überrascht. „Wie bitte?“, fragte ich. Ich hatte mit allem gerechnet, aber nicht damit.

„Findest du mich schön?“, wiederholte sie sich.

Verdutzt sah ich sie an. Nicht nur, dass ich es absolut seltsam fand, mitten in der Nacht von einem fremden Mädchen gefragt zu werden, ob ich sie schön fände, sie trug auch noch einen Schal so weit im Gesicht, dass man kaum noch ihre Nase sehen, geschweige denn ihr Aussehen beurteilen konnte. War das vielleicht irgendein dummer Scherz oder eine Wette?

„Tut mir leid, ich hab gerade echt keine Zeit für sowas“, erwiderte ich knapp. Dann wandte ich mich wieder meiner herausgesprungenen Kette zu.

„Oh Verzeihung. Ich wollte dich nicht stören“, erwidertet das Mädchen bloß und ging weiter. Ich sah ihr noch einen Moment lang nach. Was für eine merkwürdige Person.

Als ich endlich mit der Kette fertig war, fuhr ich sofort weiter. Nach einer Viertelstunde erreichte ich die Uni.

Der Campus vor mir war dunkel. Zwar gab es einige Lampen, diese spendeten jedoch nur schwaches Licht. Mit einem mulmigen Gefühl in der Magengegend schloss ich mein Fahrrad an und ging langsam in Richtung Hauptgebäude. Dort hatte ich Zoe zum ersten Mal gesehen.

Nervös rückte ich meine Brille zurecht. Das Gebäude lag düster und verlassen vor mir. Die dunklen Fenster erinnerten mich an leere Augen, die mich gefühllos anstarrten. Bei der Vorstellung schauderte ich.

Um mich abzulenken, sah ich mich um. Ich konnte niemanden entdecken. Also stand ich bloß planlos im Halbdunkel einer Laterne. Ich überlegte gerade, ob ich nach Zoe rufen solle, als völlig unerwartet ein Schrei durch die Luft schnitt. „Ahhhhh!“, schrie eine Männerstimme.

Im nächsten Moment bellte ein Hund los. Es war ein tiefes, aggressives Bellen. Mein ganzer Körper versteifte sich. Mit einem Hund hatte ich nicht gerechnet. Meine Instinkte schrien danach, wegzulaufen. Aber ich kämpfte gegen meine Angst an. Ich musste wissen, was da los war.

Normalerweise war ich nicht so mutig. Besonders nicht, wenn es um Hunde ging. Trotzdem eilte ich mit zittrigen Beinen in die Richtung, aus der das Gebell über den Campus hallte.

Als ich den Hund in der Ferne sehen konnte, wurde ich langsamer. Direkt neben ihm hockte ein Bündel aus zerfetzter Kleidung und wirren Haaren am Boden. Es drückte einen jungen Mann am Hals zu Boden, der sich mit aller Kraft zu wehren schien – erfolglos. Er schien keine Luft mehr zu bekommen. Der Hund hingegen stand einfach nur da und bellte.

Ich atmete tief ein, während ich all meinen Mut zusammennahm. „Hey!“, schrie ich aus voller Kehle. Meine Stimme klang höher als beabsichtigt, während sie über den Campus hallte. Aber sie erzielte den gewünschten Effekt: Die kauernde Gestalt ließ von dem jungen Mann ab, während sie sich aufrichtete und in meine Richtung wandte.

Als ich ihr Gesicht sah, fühlte ich mich, als würde der Boden unter meinen Füßen absacken. Sie sah übel zugerichtet aus. Am ganzen Körper hatte sie blutige Schrammen. Die Jeans und ihr weißes Sweatshirt waren zerfetzt. Ihre Nase sah gebrochen aus und ihr Hals hatte eine unnatürliche Haltung. Trotzdem gab es keine Zweifel: Die grünen Augen, die braunen Haare, das verzerrte Gesicht und die mollige Figur – das war eindeutig Zoe!


Das war Kapitel 6 und somit das Ende der Leseprobe von „Luna und die Vergeltung der Geister“. Wenn ihr es bis hierhin geschafft habt, habt ihr etwa einen Viertel des Romans gelesen. Wie hat euch die Leseprobe gefallen? Habt ihr Kritik, Anmerkungen oder sonst etwas auf dem Herzen? Schreibt es in die Kommentare!

Wann genau der Roman rauskommt, kann ich leider absolut nicht einschätzen. Erst einmal muss ich ihn fertig überarbeiten, einreichen, hoffen, das irgendwer ihn veröffentlichen möchte und dann dauert es bestimmt noch einmal einige Monate, bis er auf den Markt kommt.

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