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Kunekune
Kunekune (2020)

Kunekune

Bei Kunekune handelt es sich um einen modernen Yōkai. Diese Geschichte ist Monika Rottmann gewidmet, die bei meinem Gewinnspiel teilgenommen hat. Sie hat sich eine japanische Legende mit einer Hauptperson namens Aljana gewünscht.

Die Geschichte:

Der Tag hätte nicht besser anfangen können. Ich hatte Ferien, die ich bei meinem Cousin in Japan verbrachte. Der Urlaub war ein Traum – Japan, war ein Traum –, ich musste das glücklichste Mädchen der Welt sein.

Die meiste Zeit verbrachte ich mit Taro – meinem Cousin. Da ich außer „Hallo“, „Ja“ und „Guten Appetit“ kein Wort Japanisch konnte, spielte er meist den Übersetzer.

Heute war hingegen der erste Tag, an dem er keine Zeit für mich hatte. Zum Ausgleich hatte er dafür gesorgt, dass ich den Tag mit Takeo, seinem besten Freund, verbringen konnte.

Takeo … Ein Lächeln fuhr mir über das Gesicht. Als ich es bemerkte, wurde mein Kopf sofort heiß.

Taro wusste, wie ich über Takeo dachte. Ich war mir sicher, dass er ihn deswegen gebeten hatte, den Tag mit mir zu verbringen.

Nervös wuschelte ich mir durch die Haare. Aljana, jetzt beruhig dich doch mal. Es ist ja nicht so, als würdet ihr auf ein Date gehen … Es ist bloß eine Fahrradtour.

Ich hatte mir Taros Fahrrad geliehen und wartete am Treffpunkt – einem großen Kirschbaum, der direkt an der Straße neben Feldern stand.

Im Sommer erstrahlte die Kirschbäume zwar nicht in ihrem weltberühmten Pink, dafür spendete die breite Baumkrone jedoch einen großzügigen Schatten, der einem Schutz vor der brütenden Mittagshitze schenkte.

Ich war eine viertel Stunde zu früh dran, weswegen ich das Fahrrad an den Baum gelehnt, meinen Rucksack auf den Boden gestellt und mich daneben gesetzt hatte.

Der Weg hierher war ziemlich anstrengend gewesen. Ich schwitze am ganzen Körper und jeder Tritt in die Pedale, hatte sich wie ein Marathon angefühlt.

Während ich eine Thermosflasche mit kaltem Wasser hervorkramte, ließ ich meinen Blick über die Landschaft schweifen.

Die Gegend war wirklich traumhaft. Es erstreckten sich Reisfelder in saftigem Grün, soweit das Auge reichte. Erst am Horizont wurden sie von einer Gebirgskette abgelöst, die kein Ende zu nehmen schien. Die ganze Landschaft sah aus, wie gemalt.

Warmer Wind raschelte in den Blättern über mir, während ich die ersten Schlucke kaltes Wasser nahm. Erfrischend und angenehm spürte ich es meine Kehle herunterrinnen.

Obwohl mir immer noch zu heiß war, war ich einfach nur glücklich. Ich war an meinem Traumurlaubsziel, hatte einen wunderschönen Tag und würde mich gleich mit Takeo treffen …

Ich seufzte. Warum konnte nicht jeder Tag sein, wie heute.

Doch bekanntlich soll man den Tag nicht vor dem Abend loben …

Ich steckte gerade meine Flasche zurück in den Rucksack, als ich aus dem Augenwinkel eine Bewegung wahrnahm. Dort mitten im Reisfeld stand jemand und wedelte wie wild mit den Armen.

Ich stand auf, um einen besseren Blick auf die Person werfen zu können. Jetzt erkannte ich, dass es gar keine Person war.

Es hatte zwar definitiv die grobe Form eines Menschen, doch es war schneeweiß. Was zuerst wie ein Armwedeln aussah, war vielmehr ein unkontrolliertes Schlängeln und Zappeln. So konnte kein normaler Mensch seine Arme bewegen – zumindest nicht, solange er noch auch nur einen Knochen in ihnen besaß.

Stattdessen sah es eher aus, als hätte man ein Stück Stoff in starke Winde gehängt – nur, dass hier überhaupt kein starker Wind wehte.

Aber wenn es kein Mensch war, was war es dann? War es eine Vogelscheuche? Vielleicht spielte die aufsteigende Hitze mir einen Streich und verzerrte das Bild.

Was auch immer es war, obwohl ich fand, dass es irgendwie lustig aussah, füllte es mich mit einem merkwürdigen Unbehagen. Die Bewegungen waren viel zu unnatürlich.

Eine tiefe, kratzige Stimme ertönte direkt neben mir. Ich zuckte zusammen.

Der Mann, dem die Stimme gehörte, sah alt und ungepflegt aus. Seine fettigen Haare, der wirre, dreckige Bart und die schmutzige Kleidung ließen darauf schließen, dass er obdachlos war. Er wirkte ziemlich aufgebracht.

War irgendetwas passiert? Wollte er etwas von mir?

„Entschuldigung, ich spreche kein Japanisch“, sagte ich, während ich mit den Händen ablehnend gestikulierte.

„Nicht schauen … gefährlich!“, antwortete der Mann in gebrochenem Englisch.

Gefährlich? Wollte er mir drohen?

Dann zeigte er in die Ferne. Ich folgte seinem Finger. Mein Blick fiel erneut auf das seltsame, weiße Männchen.

„Nicht schauen … gefährlich!“, wiederholte der Mann.

„Das weiße Ding? Wieso? Was ist das denn überhaupt?“, fragte ich überrascht. Was sollte denn daran gefährlich sein?

Der Mann schüttelte mit dem Kopf. Sein Gesichtsausdruck zeigte mir, dass er mich nicht verstanden hatte.

„Wieso nicht schauen? Was ist gefährlich?“, versuchte ich es mit anderen Worten.

„Genau. Gefährlich. Nicht schauen!“, wiederholte der Mann. Er lächelte kurz zufrieden, ging dann an mir vorbei und setzte seinen Weg fort.

Ich sah ihm nach, überlegte sogar, ihm nachzurufen. Was genau wollte er mir sagen? War das irgendeine Art Scherz? Hatte er sich im Vokabular vergriffen, oder wollte er mich wirklich warnen?

Ich weiß, es war dumm, aber die Warnung schürte nur meine Neugier.

Wenn er wirklich dieses Teil in der Ferne meinte, wieso sollte es dann so gefährlich sein?

Ich ging einige Schritte näher heran in das Reisfeld, behielt jedoch einen großen Sicherheitsabstand ein – ich wollte schließlich kein Risiko eingehen.

Dann holte ich mein Handy heraus, machte einige Fotos und öffnete die Galerie.

Wenn ich es in den Bildern heranzoomte, würde ich bestimmt mehr erkennen. Ich würde schon noch herausfinden, wieso oder ob dieses weiße Männchen gefährlich war!

Die meisten Fotos waren zu verschwommen. Ich erkannte auf die Distanz fast mehr, als auf dem herangezoomten Bildschirm. Bei dem vorletzten Foto jedoch schien ich ruhigere Hände gehabt zu haben.

Mein Magen drehte sich um. Mir wurde schwindelig, so schnell verließ das Blut meinen Kopf. Mein Gesicht war jetzt wohl fast so blass wie diese … Kreatur.

Ich wünschte, ich könnte beschreiben, wie sie aussah. Denkt einfach an Schlimmste, Grausamste und Furchteinflößendste, was euch je geschehen ist. Dann habt ihr nicht einmal einen Bruchteil von dem gesehen, was sich gerade auf meinem Display zeigte.

Mein Atem ging stoßweise. Meine Sicht wirkte vor Schock fast verschwommen. Kalter Schweiß bildete sich trotz der Hitze in meinem Nacken.

Lärm hinter mir ließ mich herumfahren. Durch die schnelle Drehung wurde mir leicht schwarz vor den Augen. Ich ließ mein Handy fallen, während meine Beine unter mir nachgaben. Ich fiel auf einen spitzen Stein, doch spürte es kaum.

Endlich machte ich aus, woher der Lärm gekommen war: Takeo hatte mich gesehen, sein Fahrrad fallengelassen und kam jetzt zu mir gerannt.

„Aljana! Aljana!“, schrie er, „Hast du es angesehen?“

Seine Stimme wirkte weit entfernt. Ich musste mich richtig anstrengen, um ihn überhaupt zu verstehen.

„Du darfst es nicht ansehen, hörst du? Das ist ein Kunekune! Wenn du es ansiehst, verlierst du den Verstand!“

Ich versuchte zu antworten. Es gelang mir nicht. Meine Mundwinkel zuckten unkontrolliert. Ein Lachen, wie ich es nie von mir gegeben hätte, schallte aus meinem Mund.

Ich … ich wollte gar nicht lachen. Trotzdem konnte ich nichts dagegen tun. Wieso konnte ich nicht aufhören zu lachen?

Tränen schossen mir in die Augen. Ich bekam das Bild dieses Wesens, dieses … Kunekune nicht mehr aus dem Kopf. Wieder und wieder und wieder blitzte es vor meinem geistigen Auge auf.

„Aljana! Aljana!“, schrie Takeo. Er schüttelte an mir, als wolle er mich zur Besinnung bringen.

Mein Lachen stoppte. Ein Ausdruck des Entsetzens lag auf meinem Gesicht. Ich hatte die Kontrolle zurück – wenn auch nur kurz.

Takeo trat einen Schritt zurück, blickte dann nach unten. Er bückte sich. Was tat er da?

Mein Handy! Takeo hatte mein Handy gefunden! Er durfte sich das Display nicht ansehen!

Takeo, nicht!‘, wollte ich schreien. Doch aus meinem Mund kam nur Gelächter.

Die Legende:

Kunekune (japanisch für „gewunden“ oder „schlängeln“) ist ein moderner Yōkai. Ähnlich wie Slenderman wurde er wahrscheinlich im Internet erschaffen. Trotzdem hat er es heute zu großer Beliebtheit und Bekanntheit geschafft.

Aussehen:

Kunekune sind große, schmale, menschenähnliche Wesen. Häufig werden sie mit Papiermännchen oder Stoff verglichen.

Die Gliedmaßen der Kunekune sollen sich ständig in Bewegung befinden. Es soll so aussehen, wie Papier oder Stoff, der im Wind flattert. Daher haben sie auch ihren Namen.

Kunekune, die man auf dem Land vorfindet, sollen schneeweiß sein, während sie in der Stadt pechschwarz sind. Abgesehen von der Farbe gibt es bei den beiden Varianten jedoch keine Unterschiede.

Eigenschaften:

Kunekune stehen meist auf großen Flächen, wie z.B. Feldern. Dort machen sie mit ihren seltsamen Bewegungen auf sich aufmerksam.

Es heißt, dass sie hauptsächlich in der Mittagshitze im Sommer auftauchen würden, wobei einige Erzählungen auch hiervon abweichen.

Wenn man einen Kunekune sieht, darf man nicht den Fehler machen, näher an ihn heranzugehen. Es heißt, man würde wahnsinnig, wenn man sie auf kürzerer Distanz betrachtet – einen ähnlichen Effekt soll es geben, wenn man sie durch ein Fernglas beobachtet.

Wenn man ihnen sehr nahe kommt oder sie gar berührt, sollen sie einen umbringen. Ob sie dies aktiv tun oder es nur eine Auswirkung ihrer Nähe ist, ist nicht bekannt.

Andererseits soll es auch vorkommen, dass Leute in unmittelbarer Näher überhaupt nicht betroffen sind. So soll es Situationen gegeben haben, in denen Kunekune auf Feldern gesichtet wurden, während Feldarbeiter unbekümmert um sie herum gearbeitet haben, als würden sie die Kunekune nicht sehen.

Wenn man einem Kunekune begegnet, gibt es nur eine Möglichkeit, in Sicherheit zu bleiben: Wenn man ihn völlig ignoriert, nicht näherkommt oder gar weggeht, sollen sie einem nichts tun.

Lebensraum/Vorkommen:

Die Geschichten über Kunekune spielen fast ausschließlich in Japan.

Sie sind hauptsächlich auf weiten Feldern anzutreffen. Selten sollen sie auch in Städten oder auf dem Ozean zu finden sein.

Ursprung:

Kunekune wurden erstmals 2003 im Internet erwähnt. Ob sie zu der Zeit erfunden wurden oder die ersten Berichte auf Sichtungen oder Begegnungen basierten, ist nicht bekannt.

Ähnlich wie bei Slenderman gab es bei den Kunekune eine große Anhängerschaft, die dem Wesen schnell zu Bekanntheit verholfen haben. Mehr und mehr Leute erzählten daraufhin ebenfalls von eigenen Sichtungen.

Es wird spekuliert, dass es sich neben ausgedachten Geschichten hauptsächlich um Verwechslungen von Vogelscheuchen oder Halluzinationen auf Grund der starken Hitze im Sommer handelt.

Obwohl eine gewisse Ähnlichkeit zu Slenderman besteht, ist es übrigens auszuschließen, dass Kunekune eine japanische Version des Slenderman sind. Wenn überhaupt, wäre es anders herum, da Slenderman erst 2009, also 6 Jahre später als die Kunekune, erstmals erwähnt wurde.

Aufgrund des japanischen Ursprungs bezeichnen viele Kunekune als neumodische Yōkai.


Was denkt ihr von den Kunekune? Denkt ihr, dass solche Wesen wirklich existieren könnten? Kann ein Wesen so grausam oder seltsam aussehen, dass wir von dem Anblick wahnsinnig werden? Schreibt eure Meinung in die Kommentare!

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4 Kommentare

    • Jeremie Michels schreibt:

      Hmm, na ja, es sind Reisfelder und keine Kornfelder (und von einer Reismuhme habe ich noch nie gehört). Außerdem haben die beiden bestimmt schon genug andere Sorgen … 😅

  1. Monika schreibt:

    DANKESCHÖN! 😀

    Die Geschichte ist besser, als alles, was ich mir hätte vorstellen können.^^

    Jetzt möchte ich Aljana und Takeo in „Die Sims“ erstellen und beiden das Merkmal „Wahnsinnig“ verpassen.

    Zu den Fragen:
    1. Was denkt ihr von den Kunekune? Denkt ihr, dass solche Wesen wirklich existieren könnten?
    Ich mag den Klang des Namen, will aber ehrlich gesagt nicht herausfinden, ob sie existieren.^^°
    Mir reicht es, dass mir meine Fantasie immer wieder mal Streiche spielt und ich Dinge im Augenwinkel sehe.

    2. Kann ein Wesen so grausam oder seltsam aussehen, dass wir von dem Anblick wahnsinnig werden?
    Ich hoffe doch nicht.
    Obwohl ich manchmal wie verrückt zum Grinsen beginne, wenn ich mich selbst im Spiegel anschaue. ;D (Das hat aber, glaub ich, andere Gründe.^^)

    Nochmals vielen lieben Dank!

    Deine Geschichten machen den Montag immer um einiges erträglicher.^^

    Liebe Grüße
    Monika

    • Jeremie Michels schreibt:

      Die Geschichte ist besser, als alles, was ich mir hätte vorstellen können.^^
      Es freut mich, dass sie dir gefällt. Im Nachhinein dachte ich, dass ich vielleicht etwas noch typischer Japanisches hätte nehmen können, aber da war es bereits zu spät … ^^‘

      […] Mir reicht es, dass mir meine Fantasie immer wieder mal Streiche spielt und ich Dinge im Augenwinkel sehe.
      Daraus sind – soweit ich weiß – auch schon einige Legenden entstanden. Die eigenen Augen können einem aber auch manchmal schon fiese Streiche spielen!

      Obwohl ich manchmal wie verrückt zum Grinsen beginne, wenn ich mich selbst im Spiegel anschaue. ;D (Das hat aber, glaub ich, andere Gründe.^^)
      Ich hoffe doch, dass das andere Gründe hat. Aber falls ich irgendwann eine Geschichte über die Legende von Monika schreiben muss, sag Bescheid! xD
      Aber Spaß beiseite. Wieso musst du manchmal grinsen, wenn du dich im Spiegel siehst? ^^‘

      Nochmals vielen lieben Dank!
      Deine Geschichten machen den Montag immer um einiges erträglicher.^^

      Ich hab zu danken. Ohne aktive Leser wie dich, würde es mir zwar sicherlich genauso viel Spaß machen, aber ich hätte weniger Motivation. Die einzigen anderen Leute, von denen ich wirklich weiß, dass sie (zumindest ab und an) meine Geschichten lesen, gehören zu meiner Familie oder meinem Freundeskreis … ^^‘

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